Eine Reise unserer Mitarbeiterin Julia Heuer-Dornemann nach Peru

Für insgesamt zehn Wochen reiste Julia Heuer-Dornemann im letzten Jahr nach Peru. Sechs Wochen davon absolvierte die Pflege-Studentin (Evangelischen Hochschule Berlin) ein Praktikum in einem Missionskrankenhaus mitten in den Anden. Schon zweimal zuvor hatte die Jahnke-Mitarbeiterin das südamerikanische Land aufgesucht, doch diesmal kam sie – berufsbedingt – ganz nah in Kontakt mit den dort lebenden Menschen. Ihre Eindrücke und Erlebnissen hat sie für die Leser des „Birkenblatt“ dankenswerterweise zusammengefasst.  

Im August 2016 war es soweit. Meine große Südamerika-Reise stand bevor. Ziel war das Missionskrankenhaus „Diospi Suyana“ in den Anden Perus. Im Rahmen meines Studiums „Bachelor of Nursing“ wollte ich dort sechs Wochen in der Ambulanz mitarbeiten. Mit vielen Erwartungen und einem aufregenden Gefühl im Bauch startete im vom Flughafen Tegel und erreichte nach rund 20 Stunden Reisedauer Curuhuasi, eine Andenstadt in Südperu, in der sich das Missionskrankenhaus befindet.

Der Name „Diospy Suyana“ stammt aus der Sprache der Indios und bedeutet „Wir vertrauen auf Gott“. Das Krankenhaus wurde erbaut, um vor allem der armen Bevölkerung, zu der die Quechua Indianer zählen, eine moderne medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Neben über 100 peruanischen Mitarbeitern sind im Krankenhaus auch um die 50 christliche Missionare tätig. Letztere stammen aus verschiedenen Ländern und arbeiten ohne Verdienst zum Beispiel als Ärzte, Gesundheits- und Krankenpfleger/innen oder Apotheker/innen.

Einer von ihnen, der Pflegedienstleiter, nahm mich in Empfang und zeigte mir die Consulta – auf Deutsch: Arztpraxis -, die mein zukünftiger Arbeitsbereich werden sollte. Mit aufgefrischten Spanischkenntnissen begrüßte ich am ersten Arbeitstag meine peruanische Chefin und ließ mir die einzelnen Arbeitsaufgaben erklären. Die Tätigkeiten richteten sich vor allem auf das Messen der Vitalparameter, wie Blutdruck, Puls und Temperatur sowie das Notieren der körperlichen Beschwerden. Jeden Tag herrschte dort viel Trubel durch das Ein- und Ausströmen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. In den zwei Behandlungsräumen werden Patienten ambulant versorgt, aber es wird sich auch um Notfälle gekümmert. Zu den geläufigsten Tätigkeiten gehören das Reinigen von Geschwüren, das Spülen der Gehörgänge, die Anleitung zum Beckenbodentraining bei Inkontinenz und die Handhabe eines Aerosolgerätes bei Atembeschwerden. Patienten, die als Notfälle auftreten, werden venöse Zugänge gelegt. Ihnen werden Infusionen verabreicht und Blutproben entnommen.

Zusätzlich benutzen die Ärztinnen und Ärzte die Räumlichkeiten, um Spritzen in die Kniegelenke von Arthrose-Patienten zu verabreichen, Fäden zu ziehen oder Aszites-Punktionen (Entnahme von Flüssigkeit in der Bauchhöhle) durchzuführen.

Unter Anleitung durfte ich einige der oben genannten Tätigkeiten ausführen. Die spannendste Erfahrung war für mich der Aderlass. Bei stark koaguliertem, also geronnenem Blut im Blutkreislauf der Patienten wurden über einen venösen Zugang am Arm 500 ml Blut abgenommen und das Flüssigkeitsdefizit mit einer Zufuhr von 500 ml Natrium-Chlorid-Lösung ausgeglichen. Dieses sollte nicht die einzige, für europäische Standards unübliche Behandlung in der peruanischen Klinik gewesen sein. Die Versorgung von Druckgeschwüren schwersten Grades oder die Geschwüre an den Beinen erfolgen mit braunem Rohrzucker. Nach gründlicher Reinigung wird hierbei die Wunde mit dem antiseptisch wirkenden Zucker belegt und anschließend verbunden.

Nach einer unter Alkoholeinfluss ausgefochtenen Auseinandersetzung erlitt eines Tages ein junger Mann eine Platzwunde an der Stirn und wollte zunächst uneinsichtig mit Verzicht auf eine Naht das Krankenhaus verlassen. Besonders tragisch war in einem anderen Fall der zunächst unklare Befund bei einem vermuteten Spinnenbiss der hochgiftigen „Schwarzen „Witwe“ bei einem vierjährigen Jungen. Dieser hatte Ausfallerscheinungen beim Laufen und eine extreme Unruhe im Körper. Beruhigungsmittel und ein Neuroleptikum führten zu seiner Ruhestellung. Da ein Gegengift, ein sogenanntes Antidot, nicht vorhanden war, wurde der Junge per Krankentransport in die nächste Stadt gefahren. Letztendlich hat er den Spinnenbiss unbeschadet überlebt.  

Das gesamte Praktikum stellte sich als eine sehr aufregende und lehrreiche Zeit dar. Neben meiner Mitarbeit in der Consulta erhielt ich Gelegenheit, Operationen beizuwohnen, bei Gastroskopien und Koloskopien zu assistieren sowie die Ärzte während der Sprechstunden zu begleiten.

Ich habe von dem Aufenthalt bei „Diospi Suyana“ sehr für die Praxis in Deutschland profitiert. 

Über das Angebot, nach Beendigung meines Studiums nach Peru zurückzukehren, werde ich mir auf jeden Fall gründlich Gedanken machen.     

Julia Heuer-Dornemann

Foto: Julia Heuer-Dornemann
Julia Heuer-Dornemann (Mitte) mit zwei peruanischen Auszubildenden
Foto: Julia Heuer-Dornemann
Eine amerikanische Ärztin bei ihrer Arbeit in der Ambulanz