Bewegung ist im Alter die beste Medizin

Es ist wohl der Traum aller Menschen, möglichst lange gesund und aktiv durchs Leben zu gehen. Doch leider sind unsere Körper so beschaffen, dass sie im Laufe der Jahre immer weiter abbauen. Es zwickt und schmerzt, Muskeln bilden sich zurück und die Gelenke versteifen. Von „natürlichen Alterserscheinungen“ hören und lesen dann die Betroffenen, was für viele Senioren eine Mahnung zu sein scheint, körperliche Anstrengung komplett zu vermeiden. Doch gerade das ist grundlegend falsch.  Denn nur, wenn der Körper durch aktives Training gefordert und gefördert wird, kann Abbauerscheinungen effektiv entgegengewirkt werden. Bewegung und Sport bilden damit wichtige Bausteine, um auch im Alter fit, belastbar und gesund zu bleiben.

 „Ich kann doch in meinem Alter keinen Sport mehr treiben“, beschwert sich die 85-jährige Patientin dann vielleicht bei ihrer Hausärztin, nachdem diese ihr Sport empfohlen hat. „Wenn ich 20 Jahre jünger wäre, dann könnte ich noch durch den Park joggen, aber so?“, resigniert ihr 88-jähriger Ehemann, als er mit dem gleichen Vorschlag konfrontiert wird.

Das aber ist zu kurzsichtig gedacht, und wahrscheinlich fehlt es dem alten Ehepaar auch an kompetenten und sensiblen Ratgebern.

In jeder Lebensphase, insbesondere aber im Alter, geht es darum, bestimmte Herausforderungen anzunehmen. Für Senioren bedeutet das, ihren Lebensbereich innerhalb der gegebenen körperlichen, emotionalen und sozialen Voraussetzungen bestmöglich zu gestalten. Sport und Bewegung bieten in diesem Zusammenhang eine Art Experimentierfeld, um neue Wege auszuprobieren oder körperliche Funktionen zu verbessern oder zu stabilisieren und um zu lernen, sich von etwaigen Problemen oder Hindernissen nicht ablenken oder gar abhalten zu lassen. 

Auf eine ganz einfache Formel heruntergebrochen muss die Kernaussage deshalb lauten: sich bewegen ist gesünder als sich nicht bewegen. Und gleich hinterher – quasi als Mutmacher: Bewegung als Gesundheitsfaktor muss nicht automatisch in Sport münden. Gesunde Bewegung kann vielfältig sein.

Eine neue und faszinierende Herangehensweise hat das so genannte Lübecker Modell

„Bewegungswelten“ vorgestellt. Es handelt sich hierbei um ein 2016 konzipiertes  Trainingsprogramm zur Bewegungsförderung von älteren Menschen in Pflegeeinrichtungen oder in Seniorengruppen. Das Besondere an dem Programm sind die „Bewegungswelten“, in die das Training eingebaut wird. Die Übungen sind in Alltagssituationen und Erlebnisse von früher eingebettet. Alle Bewegungen werden mit einer sinnlichen Aktivierung verbunden, indem sie Bezüge zum Alltag herstellen und Erinnerungen aufgreifen. So entstehen ganze „Bewegungsgeschichten“. Beim „Tag im Garten“ ahmen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Aktivitäten wie Äpfel pflücken und Boden umgraben nach. Weitere Einheiten sind „Einkaufen“, „Haushaltsarbeit“ und „Ein Tag am Strand“. Die Motivation zum Mitmachen ist ersten Auswertungen zufolge ungewöhnlich gut. Die Freude an der Bewegung wird allgemein bestätigt.

Wer sich körperlich fit und stark fühlt und vielleicht sein ganzes Leben lang Sport getrieben hat, kann selbstverständlich auch im Alter seinen sportlichen Aktivitäten nachgehen. Trotzdem ist es dringend ratsam, sich ärztlich untersuchen zu lassen um zu erfahren, mit welcher Intensität der eigene Körper getrimmt werden darf.  Viele Sportarten sind auch für ältere Menschen geeignet, zum Beispiel Schwimmen, Radfahren, Wandern Skilanglauf oder Gymnastik. Zur Verbesserung von Koordination und Gleichgewicht sind Tanzen und die chinesischen Bewegungsabläufe Tai Chi oder Qi Gong empfehlenswert, die Ausgeglichenheit, Ausdauer und Konzentration trainieren.

Für all diejenigen, die es aus unterschiedlichen Gründen nicht bewerkstelligen können, in kleinen oder größeren Gruppen Bewegungsübungen abzuhalten, sei aber gesagt, dass dies auch alleine funktioniert. Man muss sich dafür nicht einmal übermäßig anstrengen. Sportmediziner empfehlen meist eine moderate Belastung, bei der man leicht ins Schwitzen kommt. Schon ein Spaziergang fördert bereits die Gesundheit. Selbst wer sein Bewegungspensum über Jahrzehnte hinweg nur auf das Nötigste beschränkt hat,  kann dem Körper etwas Gutes tun, wenn sie oder er beginnt, sich regelmäßig zu bewegen. So lässt sich etwa das Risiko von Schlaganfällen und anderen Herz-Kreislauferkrankungen senken. Sogar mit 80 oder 90 Jahren können Senioren mit individuell angepasstem Krafttraining noch gezielt Muskeln aufbauen.

Zum Abschluss seien hier noch einige Tipps für bewusste Bewegungsübungen aufgeführt. Auch wenn es selbstverständlich klingt: In jeder kleinen Alltagshandlung steckt Bewegung, egal, ob Sie staubsaugen, den Rasen mähen, die Post holen oder Wäsche aufhängen, nutzen Sie die Zeit für gezielte Übungen. Achten Sie dabei auf eine gute Körperhaltung und übertreiben Sie die Bewegungen ruhig. Immer wenn Sie sich beim längeren Sitzen ertappen: aufstehen und wieder hinsetzen. Das kräftigt die Oberschenkelmuskulatur. Am besten mehrmals hintereinander und dann wieder eine Pause einlegen. Trainieren Sie Ihr Gleichgewicht mit einer einfachen Übung, die Sie überall machen können: Wippen Sie von den Fersen auf die Zehenspitzen. Oder stehen Sie öfter mal auf einem Bein. Und wenn Sie noch gut zu Fuß sind, dann gehen Sie die Treppen rauf und runter und nehmen den Aufzug nur dann, wenn Sie etwas Schweres zu tragen haben.

VH

Foto: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Auch leichte Arbeiten im Garten sind für Senioren gesund
Foto: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Leichtes Trainingsprogramm für den Alltag