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Eisenstadt Vollreinigung – vom Service profitieren häufig ältere Menschen

 

„Eine Vollreinigung ist ein Reinigungsverfahren der chemischen Reinigung. Sie wird bei verschmutzten und fleckigen Textilien angewendet und umfasst unter anderem eine Grundreinigung mit spezieller Fleckentfernung. Die Grundreinigung beinhaltet das Trockenreinigen, das Bügeln mit der Hand oder das Pressen.“ Diese nüchterne Definition hat die Universität Hamburg auf einer ihrer fachlichen Webseiten zum Begriff Vollreinigung erstellt. Nun ja, denkt man sich wahrscheinlich beim Durchlesen der Zeilen. Schön und gut, ein paar Hemden und Hosen, ein bisschen Chemie in die Waschmaschine und am Ende langweilige Bügelarbeiten.

Wirklich? Gehen Sie mal zu Oleg Eisenstadt in die Uhlandstraße 76 in Wilmersdorf und unterhalten sich ein wenig mit ihm über seine Arbeit. Danach sehen Sie die Sache komplett anders. Die Wette gilt!

Das liegt nicht nur daran, dass der gebürtige Ukrainer wunderbar und mitreißend erzählen kann. Es ist vielmehr ein Facettenreichtum der täglichen Arbeit, der – zugegebenermaßen – auch dem Schreiber des Artikels zuvor nicht bekannt war. Oleg Eisenstadt arbeitet seit 20 Jahren in seinem Gewerbe. Im Jahr 2006 gründete er seine Reinigung in der Uhlandstraße, zuvor hatte er schon ein paar hundert Meter weiter in einer anderen Reinigung erste Erfahrungen gesammelt. In erster Linie wird er von Stammkunden besucht, etliche davon sind ihm seit seiner Ladenöffnung treu geblieben. Natürlich gibt es auch Laufkundschaft, den jungen Herrn etwa, der schnell fünf Hemden waschen und bügeln lassen möchte oder die berufstätige gestresste Mutter zweier Kinder, die keine Zeit für einen Vollwaschgang hat und ihre gesammelte Wäsche drei Häuser weiter bei Eisenstadt abgibt. Das Geschäft lief, Oleg Eisenstadt und seine damaligen zwei Mitarbeiterinnen konnten über mangelnde Beschäftigung nicht klagen. – Bis die Corona-Pandemie Deutschland erreichte.

„Mit der Pandemie hat sich plötzlich alles geändert“, erzählt der Inhaber. „Von heute auf morgen betraten kaum noch Kunden unsere Reinigung. Es war fast schon gespenstisch. Ungefähr eine Woche hielt das an, dann kamen die Telefonanrufe.“

Es waren vor allem ältere Damen und Herren, die sich meldeten. Die Fragen waren fast immer die gleichen. Können Sie zu mir nach Hause kommen, meine Gardinen abhängen und reinigen? Können Sie meinen Teppich mitnehmen und reinigen? Oder noch häufiger: Ich traue mich nicht auf die Straße. Können Sie vorbei kommen und meine Wäsche waschen? Und Oleg Eisenstadt sagte immer zu, ließ keine Kundin und keinen Kunden im Stich, setzte seine Maske auf und holte das ab, was zu waschen und zu reinigen war.

Die Dankbarkeit dieser Kunden war groß, viele von ihnen hat der Reinigungs-Spezialist als neue Stammkunden gewinnen können. Ohnehin ist der Home-Service ein nicht zu unterschätzender Aspekt. Ab einem gewissen Alter steigen erst der Respekt und dann die Angst vor dem Betreten von Tritten und Leitern. Selbst die Mitarbeiter*innen von ambulanten Pflegediensten dürfen diese Tätigkeit nur mit etlichen Einschränkungen und vorheriger Unterweisung durchführen. Bei einigen Pflegediensten werden Fensterputzen und das Abhängen von Gardinen und Vorhängen von vornherein untersagt.

Dank seiner 20-jährigen Berufserfahrung ist Oleg Eisenstadt mit den Wünschen und Bedürfnissen seiner älteren Kunden bestens vertraut. Seit längerem schon betreut er zudem drei Seniorenheime in der Umgebung. Einmal im Monat kommt er vorbei und holt die Wäschesäcke ab, in die zuvor die Bewohner ihre individuellen Wäschetüten gelegt haben. Nach dem Waschgang bekommt jede Bewohnerin und jeder Bewohner die eigene Tüte samt frischer Wäsche wieder. „Das Seniorenheim erhält dann von mir die Gesamtrechnung und rechnet anschließend mit den Bewohnern individuell ab“, gibt der Reinigungsfachmann Einblicke in das funktionierende System. Auf die Frage, was er denn generell von den Kunden annimmt, lächelt er: „Alles, was gewaschen und gereinigt werden muss.“ Das fängt bei Unterwäsche, Socken, Jacken, Kleidern, Mänteln, Krawatten und Hosen an, setzt sich über Bettwäsche und Handtücher fort und endet bei Daunen- und Lederwaren, Gardinen, Teppichen, Jalousien und sogar Autositzen. Die aufwändigeren Reinigungsarbeiten gibt er dann an Spezialbetriebe weiter.

In seiner Reinigung warten ab acht Uhr morgens zwei Waschmaschinen, ein Trockner und eine Bügelstation darauf, in Betrieb gesetzt zu werden – rund um die Uhr, wie Oleg Eisenstadt bestätigt. Zurzeit arbeitet der Inhaber ganz alleine im Betrieb, er sucht händeringend zwei Mitarbeiterinnen für die Annahme und Ausgabe sowie zum Bügeln und Sortieren. Die Arbeitszeiten seien flexibel aushandelbar.

Der Blick fällt auf ein Plakat an der hinteren Wand der Reinigung. Es zeigt die Ankündigung eines Boxkampfes mit dem früheren Weltmeister Wladimir Klitschko, einem Ukrainer wie Oleg Eisenstadt. „Ja“, nickt dieser, „Klitschko hat seine Wäsche hier abgeben und reinigen lassen. Die neben dem Plakat hängenden Boxhandschuhe hat er dann auch signiert.“ Sage noch einer, das Reinigungsgeschäft sei langweilig!

VH

 

Oleg Eisenstadt vor seiner Reinigung

Blick in die Vollreinigung Eisenstadt