Gestern & heute

Christel Arndt erzählt

 

Am 5. Dezember 1938 wurde Christel Arndt* in Berlin geboren, um 23.30 Uhr, „also eine halbe Stunde vor Nikolaus“, wie sie lachend erwähnt. Am Kreuzberger Landwehrkanal ist sie groß geworden, das Planufer war Wohnort, Spielwiese und Heimat zugleich. Ihre Kindheit war vom Krieg beeinflusst, die Erinnerungen an die Bombennächte in Berlin sind immer noch lebendig. Der Vater war kriegsunabkömmlich als Montagemeister in Oranienburg bei Heinkel, einem der größten deutschen Flugzeugbauunternehmen. Die Mutter, die mit der kleinen Christel häufig auf dem Gartengrundstück der Familie weilte, betete immer, dass das Haus bei der Rückkehr noch stehen möge. Es blieb stehen – und steht sogar heute noch.

Als Christel dann 13 Jahre alt war, wurde ihr noch ein kleines Brüderchen geboren, und die nun vierköpfige Familie zog an den Mehringdamm. Nach der Schulzeit absolvierte sie eine Lehre im Einzelhandel, arbeitete danach unter anderem bei einem exklusiven Textilladen im „Haus der Sonne“ an der Sonnenallee, ehe sie von 1958 bis 1967 Geschäftsführerin eines weiteren Textilgeschäfts an der Kantstraße wurde.

Ihren Mann Udo lernte sie 1957 kennen. Der gelernte Klempner war bei einer Stahlbaufirma angestellt, für die er zuletzt als Controller tätig war. Das Schicksal meinte es gut mit dem kunst- und musikinteressierten Mann, als er sich in späteren Jahren beruflich verändern konnte. Auf den Tipp von Christel Arndt bewarb er sich an der Technischen Universität als Bibliothekar für die dortige Lehrbuchsammlung. „Als seine späteren Chefs erfuhren, dass mein Mann 15.000 Schallplatten besaß, die er sorgfältig katalogisiert hatte, gaben sie ihm die Stelle“, lächelt die 79-Jährige bei der Erinnerung.

Die Schallplatten hatte das Ehepaar größtenteils bei ihren häufigen Urlauben in den USA erworben. Jazz, Blues, Tanzmusik, Schlager, „mein Mann war ein richtiger Experte, hat später sogar eine eigene Musiksendung im RIAS gehabt.“ Mit dabei in den USA waren immer Christel Arndt Bruder und dessen Frau. „Wenn die Männer wieder mal im Plattenladen waren, gingen wir Frauen gerne shoppen.“

Seit sage und schreibe 57 Jahren wohnt Christel Arndt in der Calvinstraße in Tiergarten. Als die Wohnung 1961 bezugsfertig war, ist sie mit ihrem Mann dort eingezogen, „in der Hochzeitsnacht“, schmunzelt sie. Ihre letzten Berufsjahre verbrachte sie als Buchhalterin bei der Königlich-Preußischen Porzellanmanufaktur, anschließend ging sie in Rente. „Ich habe ein tolles Leben gehabt, dafür bin ich dankbar“, meint sie rückblickend. Ein Wermutstropfen ist ihre Schulterverletzung, die sie sich vor drei Jahren im Ägypten-Urlaub zuzog. Seitdem erhält sie Physio- und Ergotherapie und Unterstützung von der Pflegestation Jahnke. „Meine Mutter, die mir am Ende gegenüber wohnte, wurde schon von Jahnkes gepflegt. Sie wurde 101 Jahre alt.“

VH

* Name von der Redaktion geändert

Foto: Privat

Christel Arndt