Gestern und Heute

Dr. Ingrid Diermann erzählt

 

Nomen est omen – oder frei ins Deutsche übersetzt: der Name ist Programm. Jahnke Patientin Ingrid Diermann* ist tatsächlich eine studierte Frau. Sie trägt sogar einen Doktortitel, der ihr nach dem erfolgreich absolvierten juristischen Doktoratsstudium verliehen wurde. Dass sie den Namen erst durch die Hochzeit mit ihrem Mann Dr. Manfred Diermann erhielt, soll das schöne Wortspiel nicht schmälern.

Geboren wurde Ingrid Hoffmann – so ihr Mädchenname – 1928 in Schmargendorf, jener kleinen Landgemeinde, die erst 1920 in den damaligen Bezirk Berlin-Wilmersdorf  eingemeindet worden war. In Schmargendorf besuchte sie zunächst die Grundschule, später die Oberschule für Mädchen. Ihre Eltern konnten es sich leisten, das einzige Kind auf die höhere Schule zu schicken. Auch ihr Vater hatte zuvor die höhere Laufbahn eingeschlagen. Der Geograph arbeitete als städtischer Beamter und dürfte sich gemeinsam mit seiner Frau über die kluge Tochter gefreut haben.

Deren Karriere ging nach dem bestandenen Abitur erst richtig los. Der Krieg war vorbei, das Elternhaus stand unversehrt, aber die junge Dame wollte ihr Studienglück woanders suchen. Sie beschloss, nach Freiburg zu ziehen und an der dortigen Albert-Ludwigs-Universität Rechtswissenschaften zu studieren. Dass es sogar mit dem Doktortitel endete, war das „Sahnehäubchen“. Doch noch etwas Gutes bewirkte ihr langjähriger Aufenthalt in Freiburg. Während dieser Zeit lernte sie einen jungen Mann kennen, der ebenfalls Jura studierte und später ihr Ehemann werden sollte, jenen Manfred Diermann, der in späteren Jahren als Rechtsanwalt ein berühmter Verteidiger in Strafprozessen werden sollte. So verteidigte er unter anderem den Berliner Boxer Bubi Scholz im Prozess wegen des Mordes an seiner Ehefrau und den Stararchitekten Dietrich Garski wegen Kreditbetrugs.

Die Hochzeit wurde dann in der alten Dorfkirche von Schmargendorf zelebriert, und damit schloss sich für Ingrid Diermann der Kreis. Auch  ihr war eine außerordentliche Karriere beschieden. Als eine der ersten Frauen bundesweit erlangte sie die Position einer Vorsitzenden Richterin am Landesarbeitsgericht. Im gemeinsamen Haus in Nähe des Ku’damms richteten sie sich über seiner Kanzlei eine prächtige Wohnung ein. Dort wohnt sie nach dem Tod ihres Mannes im Mai 2021 noch immer und wird inzwischen pflegerisch betreut von der Pflegestation Jahnke. 

Noch heute schwärmt sie von den gemeinsamen Reisen quer durch Europa („Ich war die Sprachbegabte, mein Mann der Mutige und Sportliche“) und von ihren Theaterbesuchen im Schiller- und Renaissance-Theater. In ihrer Freizeit hat sie sich lebenslang mit Literatur befasst, vorwiegend mit Belletristik. Ihren Beruf jedoch vergaß sie nie. Nach wie vor sitzt sie jeden Tag für eine Weile am Schreibtisch und studiert Unterlagen. Einmal Juristin – immer Juristin!

VH

*Name von der Redaktion geändert

Sie arbeitet noch immer gerne an ihrem Schreibtisch - Jahnke Patientin Dr. Ingrid Diermann