Gestern und Heute

Margret Grieber erzählt

 

In der kleinen Ortschaft Wellersdorf im Kreis Sorau der einstigen preußischen Provinz Brandenburg erblickte Jahnke-Patientin Margret Grieber* das Licht der Welt.  Dort wuchs sie in einer fünfköpfigen Mädchenschar auf. „Unser Vater war Eisenbahner, und jedes Mal, wenn wieder ein Mädchen geboren wurde, hat er nur mit dem Kopf geschüttelt“, schmunzelt die mittlere Tochter heute. „Es sollte einfach nicht klappen mit dem ersehnten Stammhalter.“

An die Zeit der Vertreibung der deutschen Bewohner in jener Region kann sie sich noch gut erinnern. Die lange Fahrt im Frühjahr 1945 im Zug nach Michendorf, die Übernachtung auf Stroh in der Schulaula und schließlich die Weiterfahrt nach Neuseddin. Der kleine Ort südwestlich von Potsdam, der im Jahr 1915 als Wohnsiedlung für Eisenbahner entstanden war, sollte nun neue Heimat der siebenköpfigen Familie werden. Nach der Schulzeit begann die junge Margarete mit einer Ausbildung zur Säuglingsschwester, die sie jedoch wegen einer schweren Tuberkulose-Erkrankung schweren Herzens wieder beenden musste.

In der Zwischenzeit war eine ihrer älteren Schwestern nach Berlin-Charlottenburg gezogen, die besuchte sie dort recht häufig. Vor dem Mauerbau war die innerdeutsche Grenzüberquerung ja noch relativ problemlos. Im direkten Umfeld ihrer Schwester sollte Margret ihren späteren Mann Kurt kennen lernen und durch einen glücklichen Zufall sogar ein gemeinsames Zimmer zur Untermiete – eben-falls in Charlottenburg – ergattern. Die Hochzeit fand dann am 24. März 1956 statt. Sohn Dietmar wurde ein Jahr später geboren, Sohn Andreas im Jahr 1962.

Die junge Familie zog 1961 in eine Wohnung im Tiergarten, dorthin, wo die Jahnke-Patientin heute immer noch wohnt. Während Kurt Grieber als Maler sein Geld verdiente, arbeitete seine Frau Margret bei einer Siemens-Tochterfirma in der Wilmersdorfer Straße. Im Akkord wurden dort Stromzähler produziert, „harte Arbeit, aber es gab ganz gutes Geld“, meint die ehemalige Angestellte rückblickend. Als die Kinder noch klein waren, hat sich ihre Schwiegermutter um sie gekümmert, ein altbewährtes Modell, das heutzutage aus unterschiedlichen Gründen nur noch selten funktioniert.

Das Ehepaar Grieber ist viel durch Deutschland gereist, am Anfang stets mit den Kindern, später ohne sie. „Unser Sportverein hat uns auch viel bedeutet“, erzählt Margret Grieber. „Schwimmen, Wassergymnastik, Saunieren – wir hatten immer die gleichen Interessen.“ Nach dem Mauerfall kamen dann die drei in der DDR gebliebenen Schwestern zum ersten Mal nach Westberlin, ein emotionaler Höhepunkt für die beiden anderen Schwestern und ihre Familien.

Kontaktfreudig ist Margret Grieber auch nach dem Tod ihres Mannes geblieben. Im Patiententreffpunkt der Pflegestation Jahnke weiß das die Mittwochsgruppe sehr zu schätzen.

VH   

*Name von der Redaktion geändert                   

Margret Grieber im Jahnke Patiententreffpunkt