Gestern und Heute

Christa Kollers erzählt

 

Die kleine, aber gemütliche Moabiter Wohnung von Christa Kollers* ist auf den ersten Blick wenig spektakulär. Beim genaueren Hinschauen jedoch fallen dem Besucher verschiedene Gegenstände auf, die entweder blau-weiß oder rot-weiß gestreift sind: Schals, Kissen, Fahnen und diverse kleinere Souvenirs. „Ich bin Anhängerin von gleich zwei Fußballmannschaften“, schmunzelt die Bewohnerin, als sie die erstaunten Blicke ihres Besuchers registriert. „Blau-weiß ist Hertha BSC, rot-weiß ist Bayern München.“ Und wenn beide in der Bundesliga gegeneinander spielen, zu wem hält sie dann, will der Gast wissen. „Ganz ehrlich, dann zu Bayern“, sagt sie und nennt die Namen ihrer Lieblingsspieler: Neuer, Hummels, Robben, Ribéry und Müller. Keine Frage, Christa Kollers kennt sich richtig gut aus im Fußballgeschehen.

Geboren wurde die waschechte Berlinerin im März 1954 im Virchow-Klinikum. Die Zweitälteste von acht Geschwistern wuchs im Wedding auf und ging auch dort zur Schule. Ihr Vater fuhr jeden Morgen zu Siemens in die nahegelegene Siemensstadt, die Mutter blieb zuhause und kümmerte sich um die Kinderschar. Ihre Liebe zum Fußball hat Christa Kollers schon als junges Mädchen entdeckt, als sie mit den Jungs regelmäßig auf der Straße spielte. Aber auch mit ihren Freundinnen und Geschwistern verbrachte sie viele Stunden beim Seilhüpfen, Gummitwist und bei ausgiebigen Hüftkreisen mit dem Hula-Hoop-Reifen.

Nach der achten Klasse waren Schulzeit und die täglichen Kinderspiele auf der Straße dann mit einem Mal beendet. Die junge Dame begann eine Buchbinder-Lehre, die sie aber nach zwei Jahren abbrach, nachdem sie sich mit der Tochter des Chefs überworfen hatte. Es folgte eine Übergangszeit, in der sie als Haushaltshilfe arbeitete, ehe sie von 1978 bis 1988 bei einem Unternehmen in der Wilmersdorfer Straße als Reinigungskraft tätig wurde. Ihre letzten beruflichen Stationen waren eine Bäckerei, bei der sie in der Backstube half und zuletzt die Betreuung älterer Menschen. Vor fünf Jahren erkrankte sie schwer und benötigt inzwischen selbst Hilfe.

Ihre zwei Töchter Christine und Clarissa sind mittlerweile auch schon 27 und 25 Jahre alt. Christine, die ältere, wohnt in Bayern und hat selbst schon drei Kinder. Die Oma bedauert es sehr, dass sie ihre Enkel so selten sieht, aber die große Entfernung lässt nur sporadische Besuche zu. Stattdessen erhält sie täglich Besuch von der Pflegestation Jahnke. Daniela,  Petra und Maria hat sie besonders in ihr Herz geschlossen.

Ganz am Ende fällt Christa Kollers noch etwas ein. „Schauen Sie sich mal diese Tasse an, die hat ausnahmsweise nichts mit Fußball zu tun.“ Sie reicht die Tasse hinüber, auf welcher das Jahnke-Logo deutlich neben dem Motiv eines Patientenkalenders zu erkennen ist. „Die halte ich in Ehren“, sagt sie. „Über dieses Weihnachtsgeschenk habe ich mich sehr gefreut.“

 VH   

*Name von der Redaktion geändert                   

Christa Kollers mit einem weiß-blauen Hertha-Schal und einem rot-weißen Bayern-Schal