Im Brennpunkt

Das Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegende

 

Wie in vielen anderen Berufsbranchen, beispielsweise in einigen Handwerksberufen, herrscht hierzulande auch in der Pflege ein Fachkräftemangel. In der deutschen Alten- und Krankenpflege arbeiten nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit rund 1,7 Millionen Menschen, die Anzahl ist steigend. Demgegenüber steht eine Statistik von etwa 43.000 unbesetzten Stellen. Doch der Bedarf dürfte in Wahrheit noch zwei- oder dreimal größer sein. Denn vor allem Krankenhäuser melden ihre offenen Stellen schon gar nicht mehr, weil sie nicht erwarten, über die Arbeitsagentur an Personal zu kommen. Außerdem wäre selbst bei voller Besetzung die Personaldecke in vielen Kliniken immer noch äußerst dünn. Fachleute haben errechnet, dass es im Durchschnitt 180 Tage braucht, bis eine freie Stelle mit einer entsprechenden Fachkraft besetzt ist.

Lösungsansätze für dieses drängende Problem gibt viele. Die lange Liste hierfür beginnt mit dem Vorschlag, die Akademisierung voranzutreiben und attraktivere Karrierewege in der Pflege anzubieten. Weitere Ideen sind Geldprämien für Wiedereinsteiger sowie eine allgemeine bessere Bezahlung für Pflegende. Eine interessante Variante ist außerdem: Zur Verbesserung der Pflege im Krankenhaus sollen die Personalkosten für die Pflege am Bett in jedem Krankenhaus einzeln ermittelt werden. Dafür sollen die Kostenträger zahlen.

Bereits erfüllt wurde die Forderung nach einer generalistischen Ausbildung. Hiermit wurde erreicht, dass es keine separate Ausbildung mehr für Alten-, Gesundheits- und Krankenpfleger/innen mehr geben wird. Stattdessen wurde nun eine Ausbildung mit dem Ab-schluss „Pflegefachmann“ oder „Pflegefachfrau“ eingeführt. Sie ist seit Januar 2020 bundesweit kostenlos und wird von der Europäischen Union anerkannt.

Eine weitere praktikable und lange unterschätzte Möglichkeit, den Fachkräftemangel zu verringern, ist der Einsatz ausländischer  Pflegekräfte, die in Deutschland leben oder hierherziehen möchten, deren Berufsabschluss aber nicht anerkannt wird. In der „Konzertierten Aktion Pflege“, einem Maßnahmenpaket der Bundesregierung gegen den Pflegenotstand, wurde deshalb vereinbart, bestehende Hürden zu minimieren und Prozesse zu beschleunigen. Wie Andreas Westerfellhaus, der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, bereits 2019 angeregt hatte, werden unter anderem die sogenannten „Gleichwertigkeitsprüfungen“ ausländischer Abschlüsse nach der bisherigen Ausbildungsform fortgesetzt. Dies gilt für eine Übergangszeit bis 2024. Hierzu sagte Westerfellhaus in einer Presserklärung: „Ich freue mich, dass meine Anregung aufgegriffen wurde. Denn bereits ab dem Jahreswechsel hätten ausländische Pflegekräfte sonst ihre Abschlüsse nach der neuen Pflegeausbildung anerkennen lassen müssen. Ein solcher Anerkennungsstau wäre eine unnötige Katastrophe geworden. Die nun beschlossene Regelung stellt sicher, dass ausländische Pflegefachkräfte zügig ihren Beitrag zur Versorgung von Patienten leisten können: als anerkannte qualifizierte Fachkräfte.“

Schon im Jahr 2012 hatte die Bundesregierung das Anerkennungsgesetz  als  Instrument zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in Deutschland geschaffen. Dass dieses Instrument positive Wirkung zeigt, beweist folgende Statistik: Nach einer erfolgreichen Anerkennung sind neun von zehn Fachkräfte mit ausländischem Berufsabschluss in Deutschland auch erwerbstätig. Bevor das Anerkennungsgesetz in Kraft trat, hatten nur wenige zuwandernde Fachkräfte die Möglichkeit, ihre beruflichen Qualifikationen bewerten zu lassen. Seitdem aber kann die Gleichwertigkeit des ausländischen Berufsabschlusses mit dem deutschen Abschluss ermittelt werden. Dies ist bei allen „reglementierten Berufen“ Voraussetzung dafür, in diesem Beruf zu arbeiten, auch in der Pflege. Weitere „reglementierte Berufe“ sind etwa Arzt, Rechtsanwalt, Lehrer, Erzieher und Ingenieur.

Das Anerkennungsverfahren ist auch nach dem zum 1. März 2020 in Kraft getretenen Fachkräfteeinwanderungsgesetz im Regelfall Voraussetzung für die Einwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten nach Deutschland. Allen ausländischen Pflegenden, die in Deutschland in ihrem Beruf so schnell wie möglich arbeiten möchten, sei das Portal „Anerkennung in Deutschland” (www.anerkennung-in-deutschland.de) sehr empfohlen. Zentrale Informationen stehen dort in mehreren Sprachen zur Verfügung. Die Seite sollte besucht werden, bevor man einen Antrag auf Berufsanerkennung stellt.

Für die Anerkennung von ausländischen Pflegeexamen in Berlin ist grundsätzlich zunächst einmal  das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) zuständig. Auf der dortigen Website findet man dann drei Downloads:

1) Den Antrag auf Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung für nichtakademische Gesundheitsfachberufe

2) Eine Checkliste der zu besorgenden Unterlagen für diese Erlaubnis

3) Ein Muster für die notwendige ärztliche Bescheinigung

Beglaubigungen von Zeugniskopien müssen von einer deutschen Stelle (Bürgeramt, deutsche Botschaft oder Konsulat) amtlich erfolgen. Die Beratungsstelle „Club Dialog“ arbeitet eng mit den zuständigen Stellen zusammen, und hält Kontakt zu Bildungsberatungsstellen, Jobcentern, und Migrantenorganisationen. Die Berater/innen  sprechen Deutsch, Englisch, Russisch, Ukrainisch, Polnisch, Arabisch und Kurdisch.     

VH                         

 

 

Foto: Holger Gross

Andreas Westerfellhaus, der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung