Im Brennpunkt

Was die Körpersprache über uns Menschen verrät

 

Der 2007 verstorbene berühmte österreichisch-amerikanische Philosoph und Kommunikationstheoretiker Paul Watzlawick wäre am 25. Juli 100 Jahre alt geworden. Zu seinen zentralen Grundregeln zählt die Erkenntnis: der Mensch kann nicht nicht kommunizieren. Damit will er vermitteln, dass  Kommunikation allgegenwärtig ist. Menschen sind immer in Kommunikation, ob durch verbale Sprache oder Körpersprache, ob durch Verhalten im Sinne von Durchführen oder Unterlassen von Taten. Solange Menschen sich zueinander verhalten, senden und empfangen sie Botschaften auf verschiedenen Ebenen.

Bevor Kleinkinder das Sprechen erlernen, können sie sich lediglich durch Schreien verständig machen oder durch Körpersprache. Babys können bei Zufriedenheit mit den Beinen strampeln, bei Überreizung den Kopf wegdrehen oder bei Hunger die Fäuste ballen. Oftmals können sie eher nicken oder den Kopf schütteln, anstatt „ja“ oder „nein“ zu sagen. Diese Fähigkeit, mit Bewegungen einzelner Körperteile Empfindungen und Gefühle aus-zudrücken, behalten wir ein ganzes Leben lang. Wir ergänzen und verfeinern diese Techniken und nehmen sie auch bei unseren Kommunikationspartnern wahr und lernen, sie zu „übersetzen“ und zu deuten.

Die wichtigsten Körperteile der nonverbalen Kommunikation sind Augen, Mund, Hände sowie die allgemeine Körperspannung. Die Mimik – also die sichtbaren Bewegungen des Gesichtes – und die Gestik, mit der vor allem die Bewegungen der Hände und des Kopfes gemeint ist, gelten als entscheidende Komponenten der menschlichen Körpersprache. Allein die Gesten, die mit den Händen durch- geführt werden, zeigen, wie stark die nonverbale Kommunikation in unserem Alltag verankert ist. Hier einige Beispiele:

- Ein nach oben zeigender Daumen signalisiert Zustimmung

- Mit dem Tippen eines Zeigefingers an die Stirn zeigen wir deutliche Kritik

- Das V-Zeichen mit Zeige- und Mittelfinger steht für Victory (englisch: Sieg)

Diese Art von Handzeichen, die eine allgemein verständliche Geste ausdrücken, die Menschen außerdem bewusst aussenden, werden in der Psychologie „Embleme“ genannt. Ihnen gegenüber stehen die affektiven Gesten, die unkontrolliert unmittelbar den Gefühlen entspringen. Ist einem ein Mensch unsympathisch, hält man einen größeren Abstand als zu sympathischen Menschen. In Schockmomenten schlagen wir die Hände über dem Kopf zusammen oder halten uns die Hände vor das Gesicht. Blinzeln wir häufiger als sonst mit den Augen, dann signalisieren wir Unsicherheit. Das kurze Heben der Augenbrauen beim Anblick einer Person steht hingegen für Freude über diesen Kontakt oder auch das Erkennen einer sympathischen Person.

Gesten beeinflussen wesentlich den Eindruck, den unsere Gegenüber von uns erhalten. Anders formuliert: Gesten verraten viel über uns und unsere Gefühlswelt. Schon seit langem gibt es deshalb Angebote von Kommunikationsexperten für Manager, aber auch für Absolventen von Vorstellungsgesprächen, die darauf hinzielen, die gröbsten Fehler in der Gestik in kommunikativen Situationen zu vermeiden. Einer dieser häufigen Fehler ist das Verschränken der Arme. Das Verschränken scheint eine gute Wahl zu sein bei der Beantwortung der Frage: wohin mit Händen und Armen während des Gesprächs.  In Wahrheit macht dies auf den Beobachter aber einen ungünstigen Eindruck, denn verschränkte Arme wirken distanziert, uninteressiert oder gar ablehnend.

Die Hände in den Hosentaschen zu vergraben oder sie hinter den Rücken zu legen, ist genauso fatal. Es wirkt, als ob man etwas zu verbergen habe. Doch wohin mit den Händen im Gespräch oder beim Vortrag? Psychologen raten, sie ein-fach seitlich herunterhängen zu lassen oder sie aktiv beim Reden zu nutzen. Auch bei der Körperhaltung ist die senkrechte Variante die beste. Wer sicher und gerade steht, wirkt selbstsicher, hängende Schultern und gebückte Haltung hingegen wirken ängstlich und verschlossen. Ähnlich sieht es beim Gang aus, ein leichtes, federndes Schreiten wirken positiv, ein schleppender, schlurfender Gang wird mit Passivität verbunden.

Worte sind also nur ein Teil der gesamten menschlichen Kommunikation. Gesten, Mimik und Körperhaltung sind weitere wichtige Faktoren. Auch im Pflegeberuf ist es von Bedeutung, sich dessen bewusst zu werden. So verlieren beispielsweise bei einer Demenzerkrankung Worte an Bedeutung und Sinn. Deshalb ist es von Vorteil, die Ansprache an demente Personen mit Gesten und Pantomimik zu unterstützen. Den Betroffenen nicht nur zu sagen, sondern auch zu zeigen, was gemeint ist, schafft Nähe und im besten Fall Erkenntnis und kann dazu beitragen, dass kein Gefühl der Hilflosigkeit auf beiden Seiten aufkommt. Gerade demenziell Erkrankte sind häufig unsicher, ängstlich oder gar aggressiv, wenn sie nicht verstehen, was von ihnen erwartet wird. Doch die Fähigkeit, die Mimik und die Gesten ihrer  Bezugspersonen zu entschlüsseln, bleibt Demenzkranken noch lange erhalten. Über einen längeren Zeitraum sind sie sogar noch in der Lage, ebenfalls richtige Signale über Körpersprache auszusenden. Doch das verliert sich im Laufe der Erkrankung und die ausgesendeten Signale verflachen, werden unklar oder bleiben schließlich ganz aus.

Aber selbst dann hilft ein Lächeln oder eine Geste, Verbindung herzustellen und die Patienten noch zu erreichen. Wenn es gelingt, ruhig, entspannt und freundlich zu sein, überträgt sich das meist auch auf die Patienten und sorgt für eine gute und angenehme Atmosphäre.       

VH                         

 

 

Foto: Commons

Beispiele für bekannte Gesten mit der Hand