Im Kiez gekiebitzt

Der südliche Campus der Technischen Universität Berlin

 

Die Technische Universität (TU) gehört zweifelsohne zu den markantesten Stätten Berlins. Wer sich vom Ernst-Reuter-Platz kommend in Richtung Brandenburger Tor bewegt, muss zwangsläufig an dem auf der rechten Seite liegenden imposanten Hauptgebäude der TU vorbei. Das zehngeschossige aluminiumverkleidete Hochhaus aus dem Jahr 1965 ist über 100 Meter lang. Über seine Ästhetik lässt sich trefflich streiten: kühl und hässlich, sagen die einen, sachliches und funktionales Bauen in Vollendung, loben die anderen.

Doch die Geschichte der Technischen Universität ist viel älter als ihr Hauptgebäude, und wer sich einmal aufmacht, hinter den Beton- und Aluminium-Koloss zu schauen, wird überrascht sein. Denn auf dem südlichen Campus der TU (der nördliche befindet sich auf der anderen Seite der Straße des 17. Juni) sieht man sich urplötzlich in eine andere Zeit versetzt. Das liegt unter anderem daran, dass die Rückseite des Vorgängerbaus der 1879 errichteten Königlichen Technische Hochschule zu Berlin noch zu großen Teilen erhalten ist. Vorne also Aluminium, hinten historischer Backstein.

Und je länger man sich auf dem idyllischen, mit altem Baumbestand versehenen Campus aufhält, desto mehr kann man in die Geschichte eintauchen. Es beginnt mit einem Paar alter, etwa fünf Meter hoher Säulen. Wie kommen sie hierher? Später soll ich erfahren, dass es Sandsteinsäulen sind, die von den beiden 1907 abgerissenen Steuerhäusern an der unweit gelegenen Charlottenburger Brücke stammen. Ein Jahr später wurden sie hierher versetzt, um den alten Campus der Technischen Hochschule zu zieren.

Ähnlich verhält es sich mit einer Ruine, die aus dem Nichts auftaucht, offenbar Überreste eines alten Eingangs. Tatsächlich, es handelt sich um das Portal der ehemaligen Bogenhalle der Borsigwerke  an der Chausseestraße von  1860. Ihr Wiederaufbau am jetzigen Standort fand 1901 statt. 

Je weiter man läuft, desto mehr ähnelt der Campus einer Parklandschaft – bisweilen unterbrochen von  bauhistorischer Substanz. Als nächstes fallen zwei riesige Schornsteine auf, die parallel in den Himmel ragen. Sie gehören zum Kessel- und Maschinenhaus des einstigen 1884 erbauten Charlottenburger Kraft- und Fernheizwerks. Heute sitzt in dem blankgeputzten Backsteingebäude das Institut für Technischen Umweltschutz, das dafür Sorge trägt, dass aus den alten Schornsteinen kein giftiger Rauch mehr kommt.

Auf dem Weg zurück zur Straße des 17. Juni fällt noch eine elf Meter hohe Ionische Säule aus Sandstein auf. Auch dieses Monument hat eine besondere Geschichte. Es ist eine der beiden Säulen, die das Eingangsportal des 1821 von Schinkel umgebauten Doms am Lustgarten verschönert hatten. Eine Säule blieb erhalten und steht dort seit 1901, die andere wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.                        

VH                       

 

Das Portal der ehemaligen Bogenhalle der Borsigwerke