Im Kiez gekiebitzt

Die Trostfrauenstatue auf dem Unionsplatz

 

Eine beeindruckende und auffallende Bronzestatue befindet sich seit Ende September 2020 auf dem Moabiter Unionsplatz. Dort, wo die Birkenstraße in die Unionsstraße übergeht, an der Ecke zur Bremer Straße, ist seitdem die Bronzefigur einer jungen Frau zu sehen. Gekleidet ist sie in koreanischer Tracht, wie sie in den 1940er Jahren getragen wurde. Die junge Frau sitzt scheinbar ausdruckslos auf einem Stuhl, die Hände liegen ruhig im Schoß. Auf ihrer linken Schulter hat eine Taube Platz genommen. Ein Friedenssymbol?

Tatsächlich ist die Skulptur mit dem Namen „Trostfrauen“ als Friedensstatue errichtet worden. Entworfen wurde sie vom südkoreanischen Künstlerehepaar Kim Eun-sung und Kim Seo-kyung als Symbol gegen sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen. Das Bildhauerpaar hat einen zweiten Stuhl neben die junge Frau platziert. Auf den kann sich jede Person setzen als Zeichen der Solidarität mit den Opfern. Denn Opfer waren die sogenannten „Trostfrauen“ allesamt.

Mit diesem beschönigenden Begriff werden allgemein Zwangsprostituierte bezeichnet, die während des Zweiten Weltkriegs in Militär-Bordellen der japanischen Armee arbeiten mussten. Viele dieser Frauen waren Südkoreanerinnen und Chinesinnen, sie kamen aber auch aus anderen asiatischen Kriegsgebieten. Sie wurden aus ihrer Heimat verschleppt und  mussten unter unwürdigen Verhältnissen ihr Schicksal erdulden. Erst Anfang der 1990er Jahre trauten sich einstige Zwangsprostituierte über ihr Schicksal zu berichten und dieses an die Öffentlichkeit zu tragen. Dafür werden sie heute als Vorkämpferinnen für die völkerrechtliche Verurteilung von Vergewaltigung und sexueller Kriegsgewalt geehrt.

Seit einigen Jahren gibt es weltweit ähnlich gestaltete Friedensstatuen zu diesem Thema. In Deutschland ist die Berliner Skulptur die erste ihrer Art auf einem öffentlichem Platz  – und sie sollte genau deshalb für einigen politischen Ärger sorgen.

Schuld daran war der Sprecher der japanischen Regierung, der schon am 29. September 2020, einen Tag nach der offiziellen Einweihung, Protest gegen das Kunstwerk erhob. Japans Regierung gibt nur widerwillig dem Druck zur Aufarbeitung der damaligen Geschehnisse nach. Entschuldigungen bei den Opfern werden  als unzureichend oder halbherzig geschildert, was viele Opfer zusätzlich beschämt. Dass Japans Außenminister laut einer japanischen Tageszeitung wegen der Entfernung der Statue sogar bei dem deutschen Außenminister Heiko Maas vorstellig wurde, überrascht aber doch. Die japanische Intervention schien zunächst erfolgreich zu sein, denn am 8. Oktober 2020 widerrief das Berliner Bezirksamt Mitte die Genehmigung für das Mahnmal. Doch dagegen hagelte es Proteste, auch mit prominenter Unterstützung (u.a. durch Soyeon Schröder-Kim, der koreanischen Ehefrau von Altbundeskanzler Gerhard Schröder). Inzwischen haben sich die Gemüter beruhigt. Die Trostfrauen-Statue darf bleiben.

VH

Blumen zieren den Sockel der Trostfrauenstatue