Im Kiez gekiebitzt

Die Villa von der Heydt

 

Es gibt nicht mehr allzu viele Gebäude jener bevorzugten Gegend südlich des Großen Tiergartens, die aus den 1850er und 1860er Jahren stammen. Zu der Zeit war an dieser exponierten Gegend eine ausgedehnte Villenkolonie entstanden, viele höhere Beamte, Unternehmer, Künstler und Wissenschaftler zogen in die so genannten „Tiergarten-Villen“. Die zentrale Lage zwischen Alt-Berlin, Charlottenburg und Schöneberg war begehrt, da man dort städtisches Flair mit den Vorzügen der ruhigeren Vororte verbinden konnte. Einer jener wohlhabenden Villenbesitzer wurde August Freiherr von der Heydt, ein erfolgreicher Bankier und Minister im letzten Kabinett des preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck vor der Reichsgründung von 1871.

Die Villa am nördlichen Ufer des Landwehrkanals ließ er sich zwischen 1860 und 1862 als privaten Wohnsitz errichten, am 7. November 1863 wurde sie eingeweiht. Die Bomben des Zweiten Weltkriegs haben sie zwar schwer beschädigt, doch im Gegensatz zu den meisten anderen Villen jener Zeit blieb sie stehen und konnte nach dem Krieg sukzessive restauriert werden. Die Villa von der Heydt verfügt über eine symmetrische Anordnung. Ihre klassizistische Ausschmückung ist gemeinsam mit ihren an die Renaissance erinnernden Formen beispielhaft für den damaligen Villenstil.

Über einem sehr hohen Erdgeschoss ruht ein niedrigeres Obergeschoss. Erker, Giebel, ionische Säulen und eine gewaltige Freitreppe zum Garten sind typische Stilelemente der einstigen Villenkolonie. Der General-Gartendirektor der königlich-preußischen Gärten Peter Joseph Lenné hatte den Auftrag zur Gestaltung der Freiflächen erhalten. Im Villengarten stehen heute berühmte Skulpturen des deutschen Bildhauers Karl Begas. In Marmor geformt zeigen sie den Naturforscher Alexander von Humboldt und Begas‘ großes Vorbild Christian Daniel Rauch.

Nach dem Tod August Freiherr von der Heydts im Jahr 1874 und ihrem Verkauf durch seine Erben 1919 hatte die Villa ein äußerst abwechslungsreiches und spannendes Dasein. Zunächst wurde sie vom Allgemeinen Deutschen Sport-verein erworben,  hinter dessen seriösem Namen sich jedoch ein exklusiver illegaler Spielklub verbarg, dessen Betrieb 1933 durch eine Razzia beendet wurde. Am 17. März 1937 wurde das Anwesen an die Bayerische Vereinsbank verkauft und im Jahr 1938 schließlich vom Deutschen Reich übernommen. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 diente die Villa schließlich als Dienstwohnsitz von Reichsminister Hans Heinrich Lammers, dem Leiter der nationalsozialistischen Reichskanzlei.

Nach dem Krieg arbeitete in den dortigen Kellerräumen eine kriminelle Schnapsbrennerei, später eine Bonbonmanufaktur.  Seit 1968 steht die Villa unter Denkmalschutz. Im Jahr 1980 wurde sie zum offiziellen Amtssitz des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. 

VH                      

Blick auf die Villa von der Heydt aus nördlicher Richtung