Im Kiez gekiebitzt

Die Berliner Straßenbrunnen

 

Sie gehören zu Berlin wie der Ku’damm, der Alex oder die Spree. Heerscharen von Kindern dienten sie als begehrtes Element wilder Spiele, Touristen betrachten sie mit Erstaunen und Verwunderung, doch die alten Berliner können sich noch mit Dankbarkeit an ihren eigentlichen Zweck erinnern: die Notversorgung mit Wasser. Die Rede ist  von den Berliner Straßenbrunnen, auch Wasserpumpen oder berlinerisch „Plumpen“ genannt. Sie gehören zu den sogenannten Straßenmöbeln wie Laternen oder Parkbänke. Nicht nur aufgrund ihrer teils  kunstvoll verarbeiteten Metallkörper erfreuen sie sich schon seit langer Zeit großer Beliebtheit in der Bevölkerung.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts dienten diese mechanischen Wasserpumpen ausschließlich zur Trinkwasser- und Löschwasserversorgung der Berliner. Nachdem im Jahr 1856 die erste öffentliche Wasserleitung in Betrieb genommen war, wurden die rund 900 Straßenbrunnen nur noch für Löschzwecke genutzt. Trotz des folgenden rasanten Ausbaus der Wasserleitungen erhöhte sich gleichzeitig die Anzahl der Wasserbrunnen. So waren in den späten 30er Jahren bereits über 1.000 registriert.

Ihre vielleicht höchste Bedeutung erhielten die Straßenbrunnen während der drei letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs, als die Luftangriffe auf Berlin zunahmen und am Ende die Straßenkämpfe tobten. Viele Berlinerinnen und Berliner, aber auch russische Soldaten haben nur wegen der vorhandenen Pumpen überleben können. Damals wie heute genügte die Wasserqualität nicht den hygienischen Ansprüchen an Trinkwasser, denn die Pumpen fördern das kühle Nass direkt aus dem Grundwasser und sind nicht an das Trinkwassernetz angeschlossen. Das unterscheidet sie wesentlich von den Trinkwasserbrunnen, die als solche auch extra angemeldet sind.

Für die Unterhaltung der Brunnen sind in den Berliner Bezirken die Straßen- und Grünflächenämter zuständig, die regelmäßige Untersuchung der Wasserqualität wird durch die Gesundheitsämter veranlasst. Im Übrigen ist es überhaupt nicht verboten, die Handpumpen mit ein wenig Muskelkraft der Arme zu betätigen und Wasser laufen zu lassen. Das Gegenteil ist der Fall: es ist sogar erwünscht. Mit regelmäßigem Pumpen verhindert man nämlich das Vertrocknen oder Versanden der Grundwasserleitungen unter dem jeweiligen Straßenbrunnen.

Im Orts­teil Moa­bit, dort wo die Pflegestation Jahnke ihren Sitz hat, gibt es gleich mehre­re his­torische Wasser­pumpen. Man kann sie unter anderem entdecken vor der Quitzowstraße 104, vor der Wiclefstraße 1, vor der Wilhelmshavener Straße 22, in Alt-Moabit und in der Lübecker Straße. Ihre aktuelle Zahl in Berlin beläuft sich auf erstaunliche 2.107 Stück. In Notfällen sollen sie die Berliner wie früher mit Trinkwasser versorgen. Desinfektionstabletten müssten aber das Wasser so weit reinigen, dass es die Qualität von „Notwasser“ erreicht.                                 

VH

                                                                     

Blick auf eine Moabiter Wasserpumpe vor der Quitzowstraße 104