In eigener Sache

Die Pflege darf nicht zum Preistreiber werden!

 

Als Preistreiber werden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet, die eine starke Erhöhung eines Preises erfahren, die von Kunden oder Verbrauchern als unberechtigt oder als Wucher empfunden wird. Fossile Energien wie Gas und Öl sind aus bekannten Gründen zurzeit ein Preistreiber, auch Milchprodukte insbesondere Butter zählen momentan dazu.

Während der letzten Wochen hat die Pflegestation Jahnke viele erboste Anrufe von Patienten oder Angehörigen erhalten und den Mitarbeiter:innen am Telefon genau das vorgeworfen: Preistreiberei. Auch die Pflegerinnen und Pfleger im Außendienst mussten sich so manchen Zornesausbruch gefallen lassen und Vorwürfe, dass die Pflegepreise von einem Tag auf den anderen vollkommen überzogen seien und dass man nicht mehr wisse, wie man das Geld für die gewohnten Leistungen aufbringen solle. Es kostete jedes Mal viel Zeit und viel Mühe, die aufgebrachten Menschen zu besänftigen und ihnen zu erklären, dass wir ihre Sorgen verstehen, dass diese Erhöhungen nicht unsere Schuld sind und dass die Patienten, aber auch die Pflegestationen das ausbaden müssen, was an anderer Stelle beschlossen wurde.

Es ist uns ein ganz dringendes Bedürfnis, Ihnen allen die Situation zu erklären. Deshalb möchten wir auch an dieser Stelle im „Birkenblatt“ in einem eigenen Beitrag die Dinge klar benennen.

Die Kosten für die Leistungen ambulanter Pflegedienste sind in Deutschland nicht einheitlich geregelt. Vor allem sind die Unterschiede von Bundesland zu Bundesland relativ groß. Jedes Bundesland hat einen eigenen Leistungskatalog sowie jeweils eigene Rahmenverträge, die es mit den großen Trägern und Verbänden ambulanter Pflegedienste abschließt.

In Berlin gelten seit dem 1. September 2022 neue Preise für den SGB XI-Bereich, das heißt für alle diejenigen Patienten, die nicht-medizinische Leistungen erhalten – also Behandlungspflege, Grundpflege und hauswirtschaftliche Leistungen. Auf diese – zugegebenermaßen heftige – Preiserhöhung haben ambulante Pflegestationen wie unsere keinen Einfluss.

Es gab zwar zu Jahresbeginn eine fünfprozentige Erhöhung der Pflegesachleistungen für die Patienten. Doch diese reicht leider nicht aus, um die prozentual deutlich größere Erhöhung der erwähnten Preise im SGB XI-Bereich auszugleichen. Das macht sich besonders bei den Patienten bemerkbar, die Eigenanteile leisten. Eigenanteile entstehen in der ambulanten Pflege immer dann, wenn die tatsächlichen Kosten über den gesetzlich festgelegten Zuschuss im jeweiligen Pflegegrad hinausgehen. Die dramatische Folge dieser von der Politik und den Pflegekassen beschlossenen Regelung ist nun, dass diese Patienten aus Geldnöten heraus weniger Leistungen in Anspruch nehmen müssen, um private Zuzahlungen in Grenzen zu halten. Hier einige Beispiele für die erhöhten Leistungspreise: eine große Morgentoilette kostet anstatt bis-lang 24,94 € nun 30,32 €. Frühstück zubereiten 6,62 € anstatt vorher 5,45 €. Eine Darm-Blasen-Entleerung aktuell 6,03 € statt zuvor 4,96 €. 

Was nun eigentlich zwingend kommen müsste, wäre eine erneute deutliche Erhöhung der Leistungsbeträge der Pflegekassen, um die Patienten zu entlasten. Die jedoch ist nicht in Aussicht. Die Pflegestationen haben mit dem höheren Pflegelohn und den gestiegenen Energiepreisen genug zu kämpfen. Die Pflege aber darf für die Patienten nicht zum Preistreiber werden. Das ist ein unhaltbarer Zustand, gegen es mit aller Kraft anzugehen gilt!                    

VH

                                                                  

Foto: ©Commons,Alexrk2

Keine Wege sind uns zu weit, keine Stufen zu hoch - denn wir pflegen gern!