Jahnke aktuell

Eine TV-Reportage über Probleme in der Altenpflege – mit Unterstützung der Pflegestation Jahnke

 

„Mehr Personal und bessere Löhne: Mit einem Milliardenprogramm wollen Union und SPD den Pflegenotstand in Deutschland angehen. Anfang kommenden Jahres soll es in Kraft treten. Mindestens 13.000 neue Pflegekräfte sollen die Situation entspannen. Pflegeschwester Rosa Lopez weiß, wie wichtig das ist – aber sie ist auch skeptisch, dass die fehlenden Fachkräfte so schnell kommen werden. Vorerst ist sie weiter im Dauerstress, hin- und hergerissen zwischen dem Willen zu helfen und dem Druck, zum Nächsten zu müssen. Für den Einzelnen bleibt viel zu wenig Zeit. Und gleichzeitig steigt die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland jedes Jahr.“

Mit dieser schriftlichen Kurzfassung stellt die Deutsche Welle (DW) eine zwölfminütige TV-Reportage mit dem Titel „Keine Zeit – Altenpflege in Deutschland“ vor. Gedreht wurde sie von der Reporterin und Redakteurin Birgitta Schülke. Hauptdarstellerin ist Rosa Lopez de la Rica, die seit mehr als 20 Jahren als Krankenschwester im Einsatz ist und seit einigen Jahren als Geschäftsführerin der Pflegestation Jahnke arbeitet.

Der Film vermittelt sehr realistisch Eindrücke eines ganz normalen Arbeitstages in der ambulanten Pflege. Die Kamera begleitet Schwester Rosa bei einigen Patientinnen und Patienten der Pflegestation Jahnke, aber auch im Auto während der Fahrten. Und wer vielleicht gedacht hat, dass ambulante Pflege eigentlich nur aus Kommen, Tabletten geben oder Verband wechseln und dann wieder Gehen besteht, wird sehr schnell eines Besseren belehrt. „Jeder Tag ist anders“, sagt Schwester Rosa aus langjähriger Erfahrung im Gespräch mit Birgitta Schülke – und wird bei ihren Besuchen an diesem Arbeitstag prompt bestätigt. Es geschieht fast überall etwas Außergewöhnliches. Einem Patienten geht es extrem schlecht, sodass der Notarzt gerufen werden muss, eine Patientin klagt darüber, dass sie über Nacht eine Blasenentzündung bekommen hat und dagegen keine Medikamente hat und eine weitere Patientin hat Post vom Bezirksamt bekommen, die sie an den Rand der Verzweiflung bringt.

Szenenwechsel. Schwester Rosa sitzt am Steuer ihres Jahnke-Mobils und spricht über die Situation der häuslichen Pflege in Berlin. Birgitta Schülke sitzt mit laufender Kamera neben ihr. „Immer mehr Menschen werden pflegebedürftig und gleichzeitig gibt es immer weniger Menschen, die sie pflegen möchten“, beschreibt die Krankenschwester das Dilemma eines ganzen Berufsstandes. „Der Druck wird immer größer. Zeit für unsere Patienten ist dadurch eigentlich gar nicht vorhanden, wir versuchen sie uns aber trotzdem zu nehmen, damit das Zwischenmenschliche nicht verloren geht.“ Sie weiß, dass das Pflegepersonal für viele Menschen der einzige menschliche Kontakt am Tag ist. Da fällt es schwer zu gehen, wenn jemand etwas auf dem Herzen hat und es loswerden möchte. „Viele von uns bringen es dann einfach nicht fertig, in solchen Momenten zu gehen, obwohl die vorgegebene Zeit überschritten ist und auch von den Pflegekassen nicht bezahlt wird.“

Der viel zitierte und diskutierte Pflegenotstand in Deutschland war ausschlaggebend für die Realisierung dieses Filmbeitrags der Deutschen Welle. Die DW ist Mitglied der ARD und seit mehr als 50 Jahren der offizielle staatliche Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland. Die DW sendet ihre Reportagen und Features in etwa 30 Sprachen und ist rund um die Welt im Fernsehen, Radio und verstärkt auch im Internet zu empfangen. Die geschätzte Zuschauerzahl beträgt weltweit 150 Millionen Menschen. Auch der Beitrag über die Alten-pflege wurde viersprachig produziert, in Deutsch, Englisch Arabisch und Spanisch.

Deutschland hat sich in den letzten Jahrzehnten in vielen anderen Ländern den Status eines „Musterlandes“ erworben, in dem alles problemlos zu funktionieren scheint. Die Reportage „Keine Zeit – Altenpflege in Deutschland“ zeigt ein etwas anderes Bild, allein das schon ist sein großes Verdienst. „Wir möchten mit unserer Reportage die Zuschauer in anderen Ländern an die Hand nehmen und sie einen halben Tag Pflege in Deutschland erleben lassen“, erklärt Birgitta  Schülke das Grundkonzept. Für den Beitrag habe man keine einzige Sequenz inszeniert, alles sei tatsächlich so abgelaufen, wie es der Film darstelle. Die Journalistin war lediglich als Begleiterin dabei und durfte mit ausdrücklicher vorheriger Genehmigung der PatientInnen Schwester Rosa über die Schulter schauen und dabei die Kamera laufen lassen.

Gegen Ende des Films lässt Rosa Lopez de la Rica in einer Szene im Dienstwagen ihren Gedanken vor der Kamera freien Lauf. Sie beteuert, nach wie vor ihren Beruf zu lieben, aber es werde einem immer schwerer gemacht, ihn gut auszuüben, denn mehr als 30.000 Pflegestellen sind in Deutschland unbesetzt. Gerne würde sie den neuen Gesundheitsminister Jens Spahn dazu einladen, sich ein reales Urteil vom täglichen Zeitdruck zu bilden. „Er soll ein Praktikum bei mir machen, nicht nur einen Tag, nein einen ganzen Monat lang“, schlägt die gebürtige Spanierin vor.

Was wohl geschehen würde, wenn er das täte? Ob er seine Anstrengungen bezüglich neuen Pflegepersonals intensivieren würde?

Abrufbar ist die Reportage im Internet unter www.dw.com/de/keine-zeit-altenpflege-in-deutschland/av-44056211

VH

Foto: Jaafar Abdul Karim

Birgitta Schülke im Einsatz

Foto: Ester Haase

Lopez de la Rica