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Wo ist der Mittelpunkt Berlins?

 

Stellt man einem in Berlin wohnenden Menschen die Frage, wo denn der Mittelpunkt der Hauptstadt sei, wird man vermutlich viele verschiedene Antworten erhalten. Zu den meistgenannten dürfte das Brandenburger Tor gehören, wahrscheinlich auch der Alexander-platz. Shoppingenthusiasten werden wohl eher an die Friedrichstraße samt ihren Galerien und Quartiers denken. Alteingesessene Westberliner hingegen könnten die Gedächtniskirche und den Kurfürstendamm ins Spiel bringen. Ein hübsches Bündel an Möglichkeiten also.

Auf Kreuzberg werden wohl die wenigsten tippen. Doch Kreuzberg ist absolut richtig, genauer gesagt die dortige Alexandrinenstraße. In dieser nämlich befindet sich der geografische Mittelpunkt Berlins, mathematisch berechnet anhand von verschiedenen Koordinaten, Vektoren und anderen kompliziert klingenden mathematischen Fachbegriffen. Und zu rechnen gibt es bei der Größe Berlins wahrlich einiges: Die größte Ausdehnung des Stadtgebiets in Ost-West-Richtung vom Müggelsee bis zum Düppeler Forst beträgt rund 45 Kilometer, in Nord-Süd-Richtung vom Nordzipfel Pankows bis nach Schmöckwitz etwa 38 Kilometer. Die Gesamtfläche Berlins liegt bei knapp 892 km².

Eine kleine, bescheidene Grünanlage an der Alexandrinenstraße unweit des Lobeck-Sportplatzes ist also das wahre Zentrum Berlins. Und weil wir Menschen dazu neigen, Superlative und Kuriositäten festzuhalten und mitzuteilen, ist exakt an der Stelle des geografischen Mittelpunkts eine Hinweistafel angebracht worden. „Flächenschwerpunkt in den Grenzen von 1996“, lautet die Inschrift, der die genauen Koordinaten folgen.

Wer nun aber denkt, am Mittelpunkt Berlins findet das süße Leben statt mit Cafés, Bars und Clubs – zumal in Kreuzberg –, dem muss beschieden werden, dass dies mitnichten so ist. Die Alexandrinenstraße ist das Zentrum der Otto-Suhr-Siedlung, die auf dem zum Kriegsende stark zerstörten Gebiet zwischen Stallschreiberstraße, Oranienstraße und Gitschiner Straße entstand. Sie war eine der ersten Nachkriegssiedlungen Berlins überhaupt, ihre Lage in der Nähe der Sektorengrenze sollte die Absicht des Westberliner Senats demonstrieren, zu den Menschen im Ostteil der Stadt „hin“ zu bauen. Nachdem der Regierende Bürgermeister Otto Suhr 1857 gestorben war, bekam die Siedlung ein Jahr später anlässlich seines 64. Geburtstags am 17. August 1958 den Namen Otto-Suhr-Siedlung.

Das Siedlungskonzept erinnert an das Konzept der Gartenstadt mit sich abwechselnden Wohnzeilen und Grünflächen. Deshalb kann diese eher triste Ecke Berlins mit seinen bis zu sieben Stockwerken hohen Reihenhäusern zumindest mit einer überdurchschnittlich hohen Dichte von Bäumen und Sträuchern punkten. Insofern passt es ja auch, dass der genaue Berliner Mittelpunkt in einer Grünanlage liegt.

VH

Eine im Boden eingelassene Hinweistafel weist auf den geografischen Mittelpunkt Berlins hin