Nachgefragt

Interview mit Kai Wegner, Spitzenkandidat der CDU für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus

 

Herr Wegner, die Berliner CDU stellte mit Richard von Weizsäcker und Eberhard Diepgen in den 1980er und 1990er Jahren zwei erfolgreiche Regierende Bürgermeister von Berlin. Was stimmt Sie optimistisch, nach der Wahl im Herbst in die Fußstapfen dieser beiden beliebten Politiker treten zu können?

Der rot-rot-grüne Senat ist die unbeliebteste Landesregierung in ganz Deutschland. Die Berlinerinnen und Berliner sehen, dass unsere Stadt so viel mehr kann. Deswegen mache ich den Berlinerinnen und Berlinern mit meiner Kandidatur ein Angebot. Rot-Rot-Grün spaltet, wir wollen zusammenführen. Die CDU und ich, wir wollen pragmatische statt ideologische Politik. Wir wollen Lösungen, die für alle funktionieren.

Zu den zentralen Wahlkampfthemen werden die hohen und nach wie vor steigenden Berliner Wohnungsmieten und der leerstehende Wohnraum in landeseigenen Immobilien gehören. Wie positionieren Sie sich zu diesem Problem?

Bezahlbarer Wohnraum ist eine der zentralen sozialen Fragen dieses Jahrzehnts. Große Herausforderungen können wir nur gemeinsam angehen. Daher bin ich der Überzeugung, dass wir alle Akteure an einen Tisch bringen müssen. Wir brauchen ein Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen, um die Wohnungskrise, die Berlin unbestreitbar hat, zu lösen.

Enteignungen und der Mietendeckel sind notdürftige Mangelverwaltung und bringen uns kein Stück weiter. 36 Milliarden Euro würde die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ kosten, ohne dass auch nur eine einzige neue Wohnung entsteht. Das Geld sollten wir viel besser einsetzen, um neuen Wohnraum im niedrigen und mittleren Preissegment zu schaffen und die soziale Wohnraumförderung auszuweiten. Außerdem brauchen wir starke soziale Leitplanken und wir müssen die Instrumente des Bundes zum Mieterschutz wie die nachgeschärfte Mietpreisbremse konsequent durchsetzen.

Mit welchen weiteren inhaltlichen Schwerpunkten werden Sie die rot-rot-grüne Regierungskoalition politisch attackieren? Anders gefragt: Wo sehen Sie deren größten Schwächen und Versäumnisse?

Rot-Rot-Grün versagt auf praktisch allen zentralen Politikfeldern. Wir brauchen dringend eine ideologiefreie Verkehrspolitik, bei der alle Verkehrsmittel ihren Platz haben. Bei der Bildung liegen wir bundesweit abgeschlagen auf den letzten Plätzen. Mit der sofortigen Wiedereinführung der Lehrerverbeamtung, einer Investitionsoffensive und der Digitalisierung der Schulen wollen wir unseren Kindern die Bildung ermöglichen, die sie verdienen. Außerdem müssen Sicherheit und Sauberkeit in Berlin wiederhergestellt werden. Der Rechtstaat muss konsequent durchgesetzt werden und die Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten muss von der Politik endlich wieder wertgeschätzt werden.

In der Corona-Pandemie gab es eine regelrechte Zick-Zack-Politik des Senats, zu viele Sonderwege und zu viel Streit. Stattdessen müssen wir um jeden Arbeitsplatz und um jede einzelne Existenz kämpfen. Corona führt uns die Bedeutung unserer Wirtschaft mit den vielen Einzelhändlern und Mittelständlern vor Augen. Sie prägen unsere Stadt und machen Berlin so einzigartig. Es geht ebenfalls darum, das Gesicht unserer Kieze zu bewahren.

Der Wahlkampf wird in Zeiten der Corona-Pandemie ein anderer sein als all die BerlinerWahlkämpfe zuvor. Wird der klassische Straßenwahlkampf dennoch eine Rolle spielen undwie wollen Sie die älteren Berlinerinnen und Berliner ansonsten erreichen?

Vieles wird vom Infektionsgeschehen während der Wahlkampfphase abhängen. Im Freien, mit Abstand und Maske, wird der Straßenwahlkampf weiterhin eine Rolle spielen. Das direkte Gespräch ist mir wichtig. Hier werden wir neue Wege gehen müssen, um das zu ermöglichen. Zugleich sind wir gefragt, den Kontakt auch über andere Kanäle herzustellen. Einerseits wird das über Social Media funktionieren. Der Wahlkampf wird in diesem Jahr deshalb auch verstärkt in den sozialen Medien stattfinden. Andererseits wird der persönliche Kontakt, insbesondere mit älteren Mitbürgern, über Radiointerviews, Printmedien oder das Fernsehen eine größere Rolle einnehmen.

Können Sie denjenigen unter unseren Leserinnen und Lesern, die bislang noch nicht so vielüber Sie wissen, kurz beschreiben, wofür Sie politisch stehen?

Ich stehe für gesunden Menschenverstand und pragmatische Lösungen. Ich will zuhören und anpacken. Ich stehe für einen neuen Politikstil, für ein politisches Miteinander statt wie Rot-Rot-Grün die Berlinerinnen und Berliner gegeneinander auszuspielen. Ich bin Berliner aus Leidenschaft. Berlin ist großartig, wird aber weit unter Wert regiert. Das will ich ändern.

Mir geht es um die ganz normalen Menschen aus der Mitte der Gesellschaft. Das sind diejenigen, die morgens aufstehen, arbeiten gehen, Steuern zahlen und ihre Kinder erziehen. Diesen Menschen möchte ich wieder eine Stimme geben.

Das Interview führte Volker Hütte

Foto: Yves Sucksdorff

Kai Wegner ist seit 2019 Landesvorsitzender der Berliner. Nach Schulbesuch und Wehrdienst bei der Luftwaffe schloss er seine Ausbildung als Versicherungskaufmann ab und arbeitete in einem Versicherungsunternehmen. Vor seinem Einzug in den Deutschen Bundestag im Jahr 2005 war er in einem mittelständischen Bauunternehmen tätig, zuletzt als Mitglied der Geschäftsleitung. In der aktuellen Wahlperiode ist Kai Wegner baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Vorsitzender der AG Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen sowie Mitglied des gleichnamigen Ausschusses des Deutschen Bundestages. Kai Wegner ist am 15.09.1972 in Berlin geboren, Vater dreier Kinder und lebt in Berlin-Spandau.