Nachgefragt

Interview mit S.E. Andreas B. Guibeb, Botschafter der Republik Namibia

 

Exzellenz, seit mehr als drei Jahren sind Sie außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland. Was sind Ihre wichtigsten Aufgaben als bedeutender Vertreter Ihres Landes?

Das deutsche Wort Botschafter beschreibt sehr treffend die Aufgaben, die entsandte Botschafter zu erfüllen haben: sie vermitteln Botschaften zwischen Regierungen, der Geschäftswelt und den Menschen, also der Zivilgesellschaft im Entsende- und Empfangsstaat. Genau das habe ich in den letzten dreieinhalb Jahren seit meiner Ernennung zum Botschafter hier in der Bundesrepublik Deutschland 2016 getan.

Im Jahr 1989 hat das deutsche Parlament den parteiübergreifenden Bundestagsbeschluss, der „Die besondere Verantwortung der Bundesrepublik für Namibia und alle seine Bürger“ aufgrund ihrer besonderen historischen und moralischen Verantwortung gegenüber Namibia formuliert, verabschiedet.

Eine meiner wichtigen Aufgaben als Botschafter sehe ich darin, die deutsche Regierung, die Geschäftswelt und die Zivilgesellschaft in ihrem Bemühen, diese besondere Beziehung zu definieren und mit Leben zu füllen, zu unterstützen.

Namibia ist ein junger Staat, erst im Jahr 1990 erkämpfte es sich es die Unabhängigkeit von Südafrika. Woher kommt eigentlich der Name Namibia?

Der Name leitet sich von der Wüste “Namib” ab. Namib ist ein Wort der Nama-Sprache und bedeutet “unermessliche Weite“.

Das Staatsgebiet wurde Ende des 19. Jahrhunderts eine deutsche Kolonie und nannte sich bis 1918 „Deutsch-Südwestafrika“. Die Zeit des Kolonialismus in Afrika ist glücklicherweise überwunden. Wie ist die Beziehung zwischen Namibia und Deutschland heute?

Als hervorragend möchte ich sie bezeichnen – genau so, wie es zwischen zwei Ländern, die so viele Gemeinsamkeiten haben, sein sollte. Als ehemalige und einzige deutsche Siedlerkolonie, sind wir schließlich das einzige afrikanische Land, in dem die deutsche Sprache als eine offizielle Landessprache anerkannt ist. Etwa zwei Prozent unserer Bevölkerung sind Namibier, die in dritter und vierter Generation deutscher Herkunft sind.  Namibia und Deutschland haben sehr viel Verbindendes. 

Der Tourismus zählt zu den wichtigsten Einnahmequellen Ihres Landes. Wie viele Touristen kommen jährlich nach Namibia und was wird im touristischen Bereich besonders gefördert?

Laut der Statistiken des namibischen Umwelt- und Tourismusministeriums reisen jährlich 1.499.442 Touristen nach Namibia. Davon sind etwas mehr als 123.000 deutsche Touristen.

Die Regierung fördert unter anderem Projekte in den Bereichen Safari-, Jagd- und Küsten-Tourismus, wie auch Projekte zur Förderung des kommunalen Tourismus und bezahlbaren Luxustourismus.

Namibia ist eine Republik, in der die Demokratie als stark und gefestigt gilt. Wer darf in Ihrem Land wählen und wie oft sind dort Wahlen?

Alle namibischen Bürger, einschließlich Menschen mit Behinderungen, Analphabeten und Blinde, die das 18. Lebensjahr erreicht haben, können sich in Namibia in Wählerlisten eintragen lassen. Die Präsidentschaftswahlen finden alle fünf Jahre statt und der Präsident wird direkt vom Volk gewählt. Die Abgeordneten des Parlaments werden alle fünf Jahre auf der Basis des Verhältniswahlrechts gewählt. Die Wähler eines jeden Wahlkreises wählen alle fünf Jahre einen Kandidaten, der sie in den Regional- und Gemeinderegierungen vertritt.

Was würden Sie zuhause in Ihrer Heimat antworten, wenn Sie dort nach Ihren Eindrücken von Berlin gefragt würden?

Im globalen Kontext ist Berlin in vielen Dingen Windhoek gar nicht so unähnlich, auch wenn unsere Hauptstadt im Vergleich lediglich etwa 335.000 Einwohner hat; Berlin ist beispielsweise immer noch nicht so überbevölkert, wie viele andere internationale Hauptstädte. Die Straßen sind breit angelegt, es gibt sehr viel Grün, was Ausdruck eines ökologischen Bewusstseins ist. Gerade in diesem Bereich können afrikanische Städte viel von Berlin lernen.

Es ist einfach, einen Baum abzusägen, aber es dauert Jahrzehnte, bis er wieder in seiner vollen Pracht steht, um den nötigen Sauerstoff zu produzieren, den wir alle brauchen.

Das Interview führte Volker Hütte

 

 

 

Foto: Botschaft der Republik Namibia in der Bundesrepublik Deutschland, Richter

S.E. Andreas B.D. Guibeb wurde am 23. Januar 1954 in Mariental, Namibia geboren. Er ist verheiratet mit Frau Mahdia Guibeb und hat drei Kinder. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Western Cape, Belleville, Südafrika sowie Entwicklungsökonomie und Internationales Handelsrecht am Graduierten Institut für Internationale Beziehungen und Entwicklungsstudien in Genf/Schweiz wurde Andreas Guibeb Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Programmdirektor des Genfer Zentrums für angewandte Wissenschaft Internationaler Verhandlungen, später stellvertretender Repräsentant der South West Africa People’s Organisation (SWAPO) in der Vertretung Paris. Nach dem Wahlsieg der SWAPO-Partei wurde Guibeb zum Direktor des Übergangsteams zur Überwachung der Staatennachfolge des unabhängigen Namibia von Südafrika ernannt. Darauf folgte die Ernennung zum ersten Staatssekretär im damaligen Außenministerium einer unabhängigen Republik Namibia. Nach dem Antritt als Hochkommissar der Republik Namibia in der Republik Sambia wurde er Vorstandsvorsitzender der staatlichen Fluggesellschaft Air Namibia. Seit Januar 2016 ist Andreas B.D. Guibeb außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Namibia in der Bundesrepublik Deutschland.