Soziales Engagement

Opferhilfe Berlin e.V. – Beratungsstelle und Zeugenbetreuung

 

„Eine Straftat unmittelbar zu erleben, kann das eigene Leben schlagartig verändern. Das persönliche Sicherheitsgefühl kann nachhaltig erschüttert sein. Wut und Angst sind häufig die Folge – zurück kann ein Gefühl der Ausweglosigkeit bleiben. Vielfach kommen Symptome wie Schlaflosigkeit, Albträume, innere Unruhe hinzu. Für Zeug*innen einer Straftat ist eine bevorstehende Verhandlung und die damit verbundene Zeugenaussage oft sehr belastend. Zur Aufregung kann die Angst hinzukommen, das Geschehene noch einmal durchleben zu müssen.“

Dieser einführende Text befindet sich auf der Website eines bemerkenswerten Berliner Vereins, der Opferhilfe Berlin e.V. Mitten in Moabit, in der Oldenburger Straße 38, hat der Verein seine Beratungsstelle. Dort informieren und unterstützen fünf Sozialarbeiter*innen mit themenspezifischen Zusatzqualifikationen Hilfesuchende in einmaliger oder längerfristiger Beratung. Opfer von Straftaten gibt es in der deutschen Hauptstadt bekanntermaßen viele. Die Berliner Polizei erfasste laut Innensenator Andreas Geisel rund 500.000 Straftaten im Jahr 2021. Der große Teil dieser Delikte, so Geisel bei der Bekanntgabe der jährlichen Kriminalitätsstatistik, waren Diebstähle sowie Betrugstaten und Fälschungen. Die Polizei ermittelte 136.053 Verdächtige. Der erfasste Schaden betrug knapp 712 Millionen Euro. Die Aufklärungsquote erhöhte sich, wie Geisel vermerkte, auf 46 Prozent. Im Jahr zuvor waren es lediglich 44,7 Prozent.

Nicht jedes Opfer von Straftaten benötigt nach der Tat eine fachliche Beratung oder eine psychologische Hilfestellung. Doch liegt die Vermutung nahe, dass es mehr Menschen sind als die etwa 2.000, die sich pro Jahr an die Opferhilfe Berlin wenden. Viele von ihnen möchten zunächst einmal über das Erlebte sprechen, über ihre Ängste, ihre Scham und über die  Hoffnung, einen Weg aus der Krise zu  finden. In der Beratungsstelle in der Oldenburger Straße erwarten die Betroffenen nicht nur eine angenehme Atmosphäre, sondern vor allem auch fachlich geschulte und empathische Berater*innen. Auf der Basis der Erstgespräche erläutern und erarbeiten diese gemeinsam mit den Opfern die nächsten Schritte und unterstützen sie bei der Umsetzung ihrer Wünsche und Anliegen. Die Beratung orientiert sich selbstverständlich immer an den jeweiligen Bedürfnissen der Betroffenen.

Die Opferhilfe Berlin wurde 1986 als gemeinnütziger Verein gegründet. Seit dieser Zeit ist die zentrale Aufgabe des Vereins die Unterstützung von Opfern, von Zeugen von Straftaten sowie deren Angehörige. Darüber hinaus setzt sich die Opferhilfe Berlin in Öffentlichkeit und Politik für die nachhaltige Verbesserung der Situation von Geschädigten von Straftaten ein. Ein gesellschaftliches Klima sei zu schaffen, so der vereinseigene Anspruch, in dem Betroffene respektiert werden und in dem es leichter ist, sich als Opfer nach einer erlebten Tat an Hilfseinrichtungen zu wenden.

Hierzu unterhält der Verein nicht nur die erwähnte Beratungsstelle, sondern auch eine eigene Zeugenbetreuung im Kriminalgericht Moabit sowie eine Servicestelle für Betroffene von Straftaten.

Dass ein besonderer Augenmerk auf die Zeugenbetreuung gerichtet wird, hat gute Gründe. Wenn Zeugen einer Straftat zu einer Gerichtsverhandlung geladen werden, dann ist das oft mit großen Aufregungen verbunden. Dabei ist es egal, ob man selbst von dieser Straftat betroffen ist oder sie lediglich beobachtet hat. Das gerichtliche Verfahren ist vielen gänzlich unbekannt, andere fühlen sich emotional überfordert oder haben, eine Aussage zu tätigen. Daher hat die Opferhilfe Berlin im Moabiter Gerichtsgebäude eigene Räume, in denen die Mitarbeiter*innen die Zeugen auf die Abläufe vorbereiten und sie gezielt unterstützen. Diese Räume sind ein wichtiger geschützter Ort – auch zur Überbrückung von Wartezeiten vor einer Verhandlung. Dort kann ausführlich über das Prozedere im Gerichtssaal informiert und über Rechte und Pflichten als Zeuge aufgeklärt werden. Auf Wunsch kann auch eine persönliche Begleitung zu Gerichtsverhandlungen organisiert werden.

Wie sehr dieser Service für Zeugen geschätzt wird, zeigen Dankesschreiben an die Opferhilfe Berlin, die auf der Website veröffentlicht wurden. Da heißt es zum Beispiel:

„Danke, dass wir in Ihren Räumen sein durften. Es ist ein gutes Gefühl, dem Täter nicht im Flur begegnen zu müssen. Sie vermitteln etwas Ruhe in der Aufregung!“

Ein anderer Zeuge schrieb:

„Vielen lieben Dank für die sowohl kompetente Beratung als auch unterstützendes Dasein. Super, dass es das betreute Warten gibt, es hat mir viel Sicherheit und Ruhe gegeben und die Angst genommen.”

Die „Servicestelle proaktiv“ ist das dritte und neueste Angebot der Opferhilfe Berlin. Als Pilotprojekt wurde es 2020 aufgebaut und startete vor wenigen Wochen in seine Umsetzungsphase. Die Proaktiv-Servicestelle kooperiert eng mit der Polizei, damit Betroffene von Straftaten nach Anzeigenerstattung kontaktiert werden und an Beratungsstellen vermittelt werden können. Sie erhalten auf diesem Weg verständliche, bedarfsorientiere Informationen und professionelle Unterstützung. Durch dieses frühzeitige Unterstützungsangebot kann psychische Belastung reduziert werden.

Neu an diesem Angebot ist die Tatsache, dass sich Betroffene einer Straftat nicht länger selbständig Unterstützung suchen müssen. Vielmehr fragt die Polizei schon bei der Anzeige, ob Unterstützung gewünscht wird. Bei positiver Rückmeldung sucht die Servicestelle ein passendes Hilfeangebot und arbeitet als Vermittlungsstelle zwischen den betroffenen Personen, der Berliner Polizei und weiteren Berliner Fachberatungsstellen.

VH

 

Foto: Senatsverwaltung für Inneres und Sport

Berlins Innensenator Andreas Geisel

Info-Schild der Opferhilfe Berlin in der Oldenburger Straße