Soziales Engagement

Ärzte ohne Grenzen – Organisation für medizinische Nothilfe

 

„Ärzte ohne Grenzen wurde 1971 von einer Gruppe von Ärzten und Journalisten gegründet, die Ende der 1960er Jahre das Leid der Menschen während des nigerianischen Bürgerkriegs in Biafra miterlebt hatten. Sie wollten die humanitäre Hilfe verändern: Besser ausstatten, unbürokratischer, medizinischer und international reaktionsstärker machen. Besonders wichtig war ihnen dabei, Patient:innen nicht nur medizinisch zu unterstützen, sondern auch in der Öffentlichkeit über deren Situation zu berichten.“

Dieser Text steht auf der internationalen Website von Ärzte ohne Grenzen in deutscher Sprache. Die Hilfsorganisation entstand vor 51 Jahren in Frankreich mit dem Namen Médecins Sans Frontières (MSF). In den folgenden Jahren und Jahrzehnten gründeten überzeugte Unterstützer:innen weltweit eigene Verbände der Organisation. Etwas überraschend erscheint es, dass erst im Jahr 1993 die deutsche Sektion entstand. Der ethische Ansatz der Organisation steht in unmittelbarer Tradition zum Hippokratischen Eid, den Ärzte früher nach der Approbation geleistet haben und auch zu seinem modernen Nachfolger, der Genfer Deklaration. Beide gelten nach wie vor als zentrale Richtschnur für ethisch einwandfreies Handeln von Ärztinnen und Ärzten.

In der Charta von Ärzte ohne Grenzen heißt es: „Mit unserer medizinischen Nothilfe retten wir Menschenleben dort, wo die Hilfe am dringendsten benötigt wird. Wir sind uns sicher, dass jeder Mensch ein Recht auf Gesundheitsversorgung hat. Dabei spielt für uns keine Rolle welche Herkunft, politische Überzeugung oder ethnische Zugehörigkeit dieser hat. Es zählt allein seine Not. Mit unserer Charta verpflichten wir uns alle der medizinischen Ethik und den humanitären Prinzipien.“

Seit der Gründung in Frankreich ist Ärzte ohne Grenzen zu einer großen internationalen Organisation geworden und hat Millionen von Menschen helfen können: Während Kriegen, Epidemien oder großer Naturkatastrophen waren unzählige Ärztinnen und Ärzte vor Ort an ihrer Seite. Oftmals in ihrer Geschichte waren sie die einzigen, die überhaupt in Krisen- oder Kriegsländer hineingelassen wurden und helfen durften. So halfen sie u. a. im Libanon, als dort 1976 ein schrecklicher Bürgerkrieg begann. Fünf Jahre später überquerten Ärzt:innen und Krankenschwestern einige Monate nach der sowjetischen Invasion in Afghanistan heimlich die Grenze dorthin. Sie mieden die vom Militär kontrollierten Straßen und erreichen nach tage- und wochenlangen Ritten die Bergregionen der Mudschaheddin. Für einige Zeit waren diese Helfer:innen die alleinige medizinische Unterstützung für die Bevölkerung, die in den von den Rebellen gehaltenen Gebieten lebte.

Weitere bedeutende Einsatzgebiete in den kommenden Jahrzehnten waren Ruanda, die bosnisch-muslimische Enklave Srebrenica, aber auch beim gewaltigen Tsunami in Südost-Asien 2005 oder beim verheerenden Erdbeben in Haiti 2010 kam lebensrettende Hilfe für viele betroffene Menschen durch Ärzte ohne Grenzen. Zurzeit arbeiten weltweit rund 45.000 Menschen aus mehr als 130 Ländern für die medizinische Hilfsorganisation. Und es sind bei weitem nicht nur Ärztinnen und Ärzte, die in die Krisenregionen fahren, um der Bevölkerung zu helfen. Ohne die vielen Krankenschwestern und -pfleger, die Hebammen, Apotheker, Logistiker, Techniker und Finanzfachkräfte wären viele Projekte zum Scheitern verurteilt. Alle leisten eine großartige und  sinnstiftende Arbeit in einer unparteiischen und unabhängigen Organisation.

Doch wie wird das teure Hilfsangebot überhaupt finanziert? Die Antwort ist ebenso einfach wie verblüffend: finanziert wird es zu etwa 90 Prozent aus privaten Spenden. Dazu kommen Fördermittel vom Auswärtigen Amt und Einnahmen aus Zinsen, Firmen-Kooperationen und Kostenerstattungen.

Im Jahr 2019 nahm allein die deutsche Sektion  mehr als 170 Millionen Euro ein. Fast 90 Prozent davon wurden direkt für die Projekte ausgegeben. Doch auch bezüglich der Entgegennahme von Spenden gilt ein hoher ethischer Kodex: Ärzte ohne Grenzen nimmt nur Spenden von Unternehmen an, die mit den eigenen humanitären Werten sowie dem Satzungszweck der Organisation vereinbar sind. Daher werden keine Spenden von Firmen der Rüstungs-, Tabak-, Rohstoff-, Erotik-, Glücksspiel- und Alkoholindustrie akzeptiert. Kein Wunder, dass es dafür seit 1998 das DZI-Spendensiegel gibt, welches einen verantwortungsvollen Umgang mit Spendengeldern bescheinigt.

1999 erhält Ärzte ohne Grenzen in Anerkennung der bedeutsamen humanitären Arbeit auf mehreren Kontinenten für ihr Gesamtwerk den Friedensnobelpreis. „Jeder mutige und selbstaufopfernde freiwillige Helfer ist für die Betroffenen ein Mensch, der unparteiisch ist und mit Respekt ihre persönliche Würde anerkennt und widerspiegelt. All dies ist für die Not leidenden Menschen eine Quelle der Hoffnung auf Frieden und Versöhnung”, hieß es in der Begründung.

Wer einen mehrmonatigen Einsatz bei Ärzte ohne Grenzen starten möchte, muss Stresstests bestehen, um die Belastbarkeit nachzuweisen. Viele Herausforderungen, viel Verzicht, aber unvergessliche Erfahrungen warten auf die Helfer. Ärzte verdienen bei einem Einsatz im ersten Jahr ca. 1.600 € brutto im Monat, haben gesetzlichen Urlaubsanspruch und sind kranken- und rentenversichert. Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung werden zur Verfügung gestellt. Wichtig sind in jedem Fall Berufserfahrung, Fremdsprachenkenntnisse – und viel Engagement.                       

VH

 

Foto: ©Commons, MSF

Ein Mediziner bei der Untersuchung eines unterernährten Kindes in Äthiopien

Foto: ©Commons

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