Soziales Engagement

20 Jahre "Aktion Mensch"

 

Innovative und nachhaltig wirkende Ideen müssen nicht kompliziert sein. Im Gegenteil: viele gute Ideen überzeugen durch ihren einfachen Ansatz und ihre häufig leichte Machbarkeit der Umsetzung. Eine dieser segensreichen und vorbildlich umgesetzten Ideen ist die Gründung der „Aktion Mensch“ im Jahr 1964. Unter ihrem damaligen Namen „Aktion Sorgenkind“ gründete der ZDF-Journalist und langjährige Moderator des „Gesundheitsmagazin Praxis“ Hans Mohl einen Verein als Sozialorganisation, der sich durch Lotterieeinnahmen finanzieren sollte.

Anlass für Gründung dieser Hilfsorganisation war der Contergan-Skandal in der Bundesrepublik Deutschland, der 1961 aufgedeckt worden war. Recherchen hatten ergeben, dass das Schlafmittel Contergan der Grünenthal GmbH massiv für Fehlbildungen bei Neugeborenen verantwortlich war. Allein in Deutschland betraf dies mehr als 4.000 Kinder, weltweit geht man aktuellen Forschungen von etwa 10.000 Kindern aus. Aufgrund einer ausführlichen Berichterstattung im neuen Massenmedium Fernsehen erfuhr die Bevölkerung vom Schicksal der betroffenen Kinder und nahm großen Anteil daran. Behinderung wurde plötzlich nicht mehr ausschließlich als persönliches Schicksal angesehen, sondern auch als Folge einer zumindest fragwürdigen Arzneimittelpolitik. Hans Mohl und die weiteren Vereinsgründer wollten mit der „Aktion Sorgenkind“ und ihrer Lotterie die Lebenssituation von Kindern mit Behinderung auf lange Sicht verbessern.

Die Namensumbenennung wurde schließlich vor 20 Jahren vollzogen. Daher feiert der Trägerverein in diesem Jahr das 20-jährige Bestehen der Aktion Mensch. Der neue Name spiegelte laut Vereinswebsite „sowohl das größere Aufgabenspektrum der Aktion Mensch als auch den gesellschaftlichen Perspektivenwechsel im Umgang mit Menschen mit Behinderung wider. Mit ihren Kampagnen und Aktionen bringt sie das Thema Inklusion in die Öffentlichkeit, um zu zeigen, dass Vielfalt einen besonderen Wert in unserem Zusammenleben darstellt.“

Das Prinzip der größten deutschen Soziallotterie ist – wie anfangs beschrieben – recht einfach: wer ein Basislos für zwölf Euro im Monat kauft (bei vier Ziehungen) oder ein Jahreslos zwischen 18 und 72 Euro (für zwölf monatliche Ziehungen im Jahr) nimmt an der Auslosung teil. Neben diesen Basislosen gibt es weitere Sonderlose, deren Kosten  und Zweck von Jahr zu Jahr variieren können. Alle Teilnehmer können Bargeld, Grundstücke, Grundstücke mit Häusern oder Sofortrenten gewinnen. Gewinner sind diejenigen, deren Lose die richtigen Endziffern haben. Von den zwölfstelligen Losnummern gibt es Gewinner von den letzten drei richtigen Endziffern bis hin zu den letzten sieben richtigen. Letztere sind  gleichbedeutend mit den Hauptgewinnen.

Alle Lotterie-Teilnehmer, egal ob Gewinner oder nicht, trugen im Lauf der letzten 56 Jahre mit ihrem Loskauf dazu bei, dass seitdem über 4 Milliarden Euro an Projekte weitergegeben werden konnten. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch folgende Statistik: Von den Gesamteinnahmen der Lotterie fließen knapp 40 Prozent in die Förderung. Dabei handelt es sich zumeist um soziale Projekte für Menschen mit Behinderung sowie für Kinder und Jugendliche. Aber auch Aufklärungsmaßnahmen wie die bundesweiten Inklusionskampagnen werden hiervon beglichen. Weitere 30 Prozent werden als Lotteriegewinne ausgeschüttet, 17 Prozent müssen als Lotteriesteuer abgegeben werden und die restlichen Prozent verteilen sich auf Kosten für den Lotteriebetrieb, Losdruck und Verwaltung.

Viele unserer älteren LeserInnen werden sich noch an die prominenten Unterstützer erinnern, die im Rahmen von ZDF-Sendungen für den Verein warben. Wim Thoelke beispielsweise rührte in seiner großen Show „3 mal 9“ mithilfe der beiden Zeichentrickfiguren Wum und Wendelin kräftig die Werbetrommel für die damalige „Aktion Sorgenkind“. Außerdem drehte sich während der Sendungen stets einmal das Glücksrad zur Ermittlung der Gewinner. Später  engagierten sich Thomas Gottschalk und Jörg Pilawa für den Verein, seit 2014 gibt Rudi Cerne die Gewinner der Lotterie im ZDF bekannt.

Wie bedeutend und für die Hilfskultur hierzulande zentral wichtig die Aktion Mensch ist, zeigt ein Blick auf die Liste der sieben Vereinsmitglieder. Neben dem ZDF sind es die großen Wohlfahrtsverbände, Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie, Deutsches Rotes Kreuz, Paritätischer Wohlfahrtsverband und Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland.         

Der Verein unterstützt seit seiner Gründung Projekte freier gemeinnütziger Organisationen, nicht aber Einzelpersonen oder öffentliche Einrichtungen. Anträge auf Förderung sollten vor allem zwei Kriterien beherzigen: die zu fördernden Projekte sollen dazu beitragen, Inklusion im Alltag umzusetzen und sie sollen nach Möglichkeit einen innovativen Ansatz nachweisen. So fördert die Aktion Mensch beispielsweise barrierefreie Umbauten von Gebäuden, die Umwandlung von großen Einrichtungen zu gemeindeintegrierten kleinen Wohneinheiten (in denen Menschen mit Behinderung autark leben können), sie bezuschusst behindertengerechte Fahrzeuge, fördert Personal- und Sachkosten solcher und ähnlicher Projekte, aber auch kleine Projekte und Initiativen.                                                                                                       

VH

Foto: Aktion Mensch

Poster für eine Kampagne der Aktion Mensch