Jahnke aktuell

Die Tagespflege „Haus Zille“

 

Im deutschen Pflegesystem gibt es neben den beiden Hauptsträngen stationäre und ambulante Pflege verschiedene Einrichtungen der teilstationären Pflege. Zu letzteren zählt die Tagespflege als ein Betreuungs- und Pflegeangebot für Menschen, die sich nicht mehr selber vollständig versorgen können. Die Pflegekasse übernimmt hierbei die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der notwendigen Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Die Kosten für die Verpflegung müssen hingegen privat getragen werden. Die Tagespflege wird häufig von Pflegebedürftigen in Anspruch genommen, deren Angehörige tagsüber berufstätig sind. Somit ist sie eine echte Alternative zu einem Umzug in ein Heim und gleichzeitig eine Ergänzung zur ambulanten Pflege.

Eine dieser Tagespflegeeinrichtungen sitzt mitten in Charlottenburg, genauer an der Ecke der Zillestraße zur Fritschestraße. „Haus Zille“ heißt sie und wer sie betritt, wird gleich mit einem Gemäldedruck des berühmten Berliner Malers Heinrich Zille begrüßt. Zwei Aufenthaltsräume, ein Ruheraum, drei WCs, ein Büro und eine Küche stehen für maximal 16 Tagesgäste zur Verfügung. „Zurzeit haben wir Gäste zwischen 52 und 100 Jahren regelmäßig bei uns“, bemerkt Ines Haase, die Pflegedienstleiterin des Hauses. Die gelernte Altenpflegerin ist seit 2016 im „Haus Zille, und sie wird unterstützt von vier Mitarbeiterinnen. Spezielle Aufgabengebiete gibt es nicht, jede kümmert sich um das, was gerade ansteht und wofür ihre Hilfe benötigt wird.

Die einzige Ausnahme ist der Fahrer, der dafür sorgt, dass alle Tagesgäste spätestens um 9 Uhr am Frühstückstisch sitzen können und der auch alle gegen 15.30 Uhr wieder nach Hause fährt und sogar bis zur Wohnungstür begleitet. Dafür steht ihm ein Bus der Einrichtung, ein Neunsitzer, zur Verfügung. Nicht alle Tagesgäste werden mit dem Bus abgeholt, einige werden von Angehörigen gebracht, andere kommen zu Fuß in die Zillestraße.

Zu den regelmäßigen Besuchern des „Haus Zille“ gehören auch immer wieder Patienten der Pflegestation Jahnke. Der Austausch zwischen den beiden Berliner Pflegeeinrichtungen ist gut, die Zusammenarbeit vertrauensvoll. Eine besondere Erwähnung verdienen an dieser Stelle die Jahnke-Patienten Diana Leist und Uwe Kasprick. Eines Tages lernten sie sich in der Tagespflege kennen und kamen ins Gespräch. Je länger und intensiver die Gespräche wurden, desto mehr Gefallen fanden sie aneinander. Heute sind die beiden ein Paar und leben inzwischen in einer gemeinsamen Wohnung zusammen. Ihrer Tagespflege sind sie treu geblieben und engagieren sich sogar als Mitglieder des dreiköpfigen Bewohnerbeirats.

„Wir möchten, dass unsere Gäste, aber auch ihre Angehörigen bei uns das Klima einer liebevollen Betreuung spüren und das Gefühl erlangen, hier gut aufgehoben zu sein“, legt Ines Haase ihren Anspruch dar.

Wichtig sei dabei auch eine enge Zusammenarbeit sowie ein Informationsaustausch mit pflegenden Angehörigen, Ärzten und Betreuern. Dafür biete man viel Komfort, Zuwendung und eine hohe pflegerische Qualität.

Von zentraler Bedeutung ist in der Tagespflege eine Mischung aus festen und bekannten Ritualen und einer geistigen und körperlichen Anregung durch neue Aktivitäten. Mit dem gemeinsamen Frühstück beginnt jeder Tag. Vielleicht ist das Frühstück das wichtigste Ritual, zeigt es doch, dass alle Gäste nach der Übernachtung in der eigenen Wohnung wieder beisammen sind und die nächsten Stunden hier verbringen. Im Lauf des weiteren Vormittags steht die Zeitungslektüre auf dem Programm. Wer selbst lesen kann, liest leise oder auch laut, wenn andere zuhören möchten. Das Vorlesen aus der Zeitung ist eine liebgewonnene Konstante. Zeitungen gab es ja schon immer, die Auswahl der Artikel ist jedoch entscheidend. Es folgt der Morgensport, der zumeist aus einem Bewegungstraining besteht.

Bis zum Mittagessen werden diverse Beschäftigungsangebote wahrgenommen wie kreatives Gestalten oder Gesellschaftsspiele. Wer sich nach dem Mittagsmahl ausruhen möchte, hat dazu im Ruheraum Gelegenheit, wo mehrere Ruhesessel und sogar ein Bett zur Auswahl stehen. Bei trockenem Wetter locken danach Spaziergänge oder kleine Ausflüge. Der Nachmittag klingt dann häufig bei Musik mit Kaffee und Kuchen aus. Montags bis freitags ist das „Haus Zille“ für seine Gäste geöffnet, an Wochenend- und Feiertagen bleibt es geschlossen. Individualität und Flexibilität stehen in der Zillestraße an erster Stelle. Die Gäste werden keinem Aktionsstress ausgesetzt, ihre persönlichen Interessen und Wünsche werden stets berücksichtigt. Das gilt übrigens auch für das Mittagessen, bei dem jeder ein Wort mitreden und seine geschmacklichen Vorlieben benennen kann.

Dazu gibt es noch ein weiteres attraktives Angebot."Wir haben zwar keine eigene Planstelle für Physio- oder Ergotherapie, aber diejenigen unserer Gäste, die eine entsprechende Verordnung haben, dürfen unsere Räumlichkeiten mit externen TherapeutInnen dafür nutzen“, sagt Ines Haase.

In Deutschland werden gegenwärtig über 5.000 Tagespflegen mit knapp 80.000 Plätzen betrieben. Experten bestätigen, dass die Zahl steigt, der Bedarf scheint also gegeben. Die Gäste des „Haus Zille“ werden über die Pflegekassen vermittelt, über Pflegestützpunkte und nicht selten über Mundpropaganda. Und natürlich über ambulante Pflegedienste wie die Pflegestation Jahnke. Die vorhin erwähnte 100-Jährige ist Frieda Lachmann. Seit längerem ist sie Jahnke-Patientin – und Tagesgast im „Haus Zille.“                                                                             

VH

Ines Haase und Cecilia Yildirim vom "Haus Zille" neben den Gästen Uwe Kasprick und Diana Leist