Nachgefragt

Interview mit Tilmann Heuser, Landesgeschäftsführer des BUND Berlin e.V.

 

Herr Heuser, wann und mit welchen Zielen wurde der Verein Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegründet?

Der Bundesverband des BUND wurde im Jahr 1975 gegründet als Zusammenschluss verschiedener Einzelinitiativen sowie regionaler Verbände. Ziel war es, Naturschutz und Umweltschutz politisch, aber auch in der Gesellschaft aktiv voranzutreiben. Der Zusammenschluss war von großer Bedeutung, denn er brachte Initiativen mit verschiedenen Ober-themen zusammen: die Anti-Atomkraft-Bewegung, den technischen Umweltschutz, den klassischen Naturschutz sowie Interessensgemeinschaften mit damals neuen Arbeitsfeldern wie nachhaltiger Mobilität.

Der BUND ist in Landesverbände gegliedert, einer davon ist der Landesverband Berlin, dessen Geschäftsführer Sie sind. Können Sie in wenigen Sätzen die tägliche Arbeit Ihres Landesverbands beschreiben? Worum kümmert sich der BUND in Berlin, wofür setzt er sich ein und wie finanziert er seine wichtige Arbeit?

Die Finanzierung erfolgt zum größten Teil über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Allein in Berlin haben wir knapp 18.000 Mitglieder und Förderer. Einige wenige Projekte finanzieren sich selbst.

Für Ihre als im Gesundheitswesen tätige Pflegestation ist unser BUND-Gütesiegel für Krankenhäuser und Reha-Kliniken sicherlich interessant. Diese können ebenso wie stationäre und ambulante Einrichtungen, Arztpraxen und jede andere Gesundheitseinrichtung Initiative für ein klimaneutrales Gesundheitswesen ergreifen. Mit der Unterzeichnung des Aufrufs „Gesundheit braucht Klimaschutz“ zeigen Einrichtungen Verantwortung, indem sie Klimaschutzmaßnahmen realisieren. Die mit dem BUND-Gütesiegel ausgezeichneten Krankenhäuser und Reha-Kliniken sind erste Vorbilder auf diesem Weg, denn sie halten hohe Kriterien im Bereich Energieeffizienz und -einsparung ein.  

In Berlin sind wir generell der einzige Umweltverband, der alle Themen bearbeitet. Dazu zählen Naturschutz und Stadtentwicklung, Mobilität und Verkehr, Klima und Energie sowie Abfall- und Ressourcenschutz. Organisiert sind wir zu jedem dieser Oberthemen in Arbeitskreise und entsprechende Referate. Ziel ist es immer, eine zukunftsfähige Stadt Berlin voranzutreiben.

Laien fragen sich gelegentlich, was eigentlich der Unterschied zwischen Umweltschutz  und Naturschutz ist. Können Sie es unseren Leser*innen erklären?

Bewegungen zum Schutz der Natur entstanden bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Ein erster Höhepunkt des Naturschutzes in Berlin war bereits 1915, als der Dauerwaldvertrag geschlossen und somit der u. a. der Grunewald und Tegeler Forst vor einer Bebauung bewahrt wurden. Berlin erwarb damals vom Staat für 50 Millionen Mark 10.000 Hektar Wald und verpflichtete sich, ihn als Fläche zur Erholung, zur Verbesserung des Stadtklimas und zur Gewinnung von Trinkwasser auf Dauer von einer Bebauung freizuhalten.

Unter Umweltschutz hingegen versteht man die Gesamtheit aller Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit der Menschen. Zentrales Ziel ist der Schutz natürlicher Ressourcen und  Sicherung der natürlichen Ressourcen ist der zentrale Aspekt, er geht aber auch in Richtung Gesundheitsvorsorge und Abwehr von Gesundheitsgefahren. Als Bewegung wurde der Umweltschutz mit den Themen Atomkraft, Wasser- und Luftverschmutzung und Müllverbrennung in den 1970er Jahren stark.  Um gemeinsam mehr für Umwelt und Natur zu erreichen, schlossen sich die vielfältigen  Initiativen zum BUND zusammen.

Viele Berlinerinnen und Berliner möchten sich freiwillig oder ehrenamtlich für Vereine ihrer Zielrichtung engagieren. Was müssen sie tun, wenn sie für den BUND arbeiten möchten und welche Einsatzmöglichkeiten können Sie ihnen bieten?

Am besten melden sich alle interessierte Menschen per Telefon oder Mail bei uns. Wir freuen uns über alle, die eigenes Engagement mit in die Gesellschaft bringen möchten. Es gibt verschiedene Formen der Mitarbeit, die je nach Interessenslage bestimmte Anlaufpunkte bieten. Arten- und Landschaftsschutz können beispielsweise auf unserer Weidelandschaft in Lichterfelde-Süd oder auf unserer Streuobstwiese unterstützt werden durch neue Bäume und Sträucher pflanzen, mulchen, Wiese mähen, Bäume beschneiden, Totholz sammeln und in Hecken schichten oder bewässern. Unterstützung benötigen wir auch beim Pflanzen von Straßenbäumen  oder auch für die politische Arbeit, wenn es um die Vorbereitung von Kundgebungen oder Demonstrationen geht. Mit Gleichgesinnten gemeinsam etwas zu erreichen, gibt eine tiefe Befriedigung.

Wenn Sie kurz einen Blick zurück und in die Zukunft für uns werfen: Was waren die größten Erfolge des BUND im Land Berlin während der letzten zehn Jahre und mit welchen konkreten Hoffnungen gehen Sie in die nächsten Jahre?

Die Unterstützung des Volksbegehrens Tempelhofer Feld fällt mir da schnell ein. Auch der Einsatz für ein Berliner Mobilitätsgesetz hat sich sehr gelohnt, um den Umweltverbund bestehend aus Fußgängern, Fahrradfahrern und dem Öffentlichen Personennahverkehr zu stärken und somit den öffentlichen Raum wieder vom Auto zurückzugewinnen. Auch das bereits erwähnte Nachpflanzen der wegen Krankheit oder Bauarbeiten gefällten Straßenbäume haben wir mit vorangebracht.

Die Frage für die Zukunft wird sein: wie erreichen wir die Klima- und Nachhaltigkeitsziele auch in Berlin? Ich würde mich freuen, wenn die beteiligten Partner hier nachhaltig an einem Strang ziehen könnten.

Das Interview führte Volker Hütte

Foto: BUND LV Berlin

Tilmann Heuser, geboren am 18. Januar 1967, ist seit 2005 Landesgeschäftsführer des BUND Berlin. Er wuchs bei Freiburg auf und gründete bereits mit 14 Jahren eine BUNDjugend. Nach dem Abschluss seines Studiums der Geographie mit den Nebenfächern Betriebswirtschaftslehre und Öffentliches Recht übernahm er die Leitung des Bereichs Verkehrspolitik beim BUND-Bundesverband, bevor er zum BUND Berlin wechselte.