Soziales Engagement

Gemeinsam gegen die Corona-Einsamkeit

 

Das Coronavirus  lässt uns alle seit einem Jahr einfach nicht in Ruhe. Zu den inzwischen hinlänglich bekannten gesundheitlichen Ge-fahren durch eine Infektion gesellen sich – je länger die Pandemie andauert – auch psychische Nöte. Die Angst vor einer Erkrankung und einem womöglich schweren Krankheitsverlauf zählt dazu, ebenso die Unsicherheit bei vielen Menschen, wie es beruflich und finanziell weitergeht. Das ständige Tragen von Mund-Nasen-Schutz führt uns außerdem täglich vor Augen, dass eine Normalität noch lange nicht erreicht ist. Und die teilweise widersprüchlichen Aussagen und Empfehlungen von Experten lassen uns nicht selten ratlos zurück. All das zehrt an den Nerven. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte sehr treffend hierzu: „Das Virus ist eine Zumutung.“

Angst, Unsicherheit, Ratlosigkeit. Drei Begriffe, die in Zeiten von Corona Hochkonjunktur haben. Doch gerade kranke und ältere Menschen klagen außerdem über ein weiteres bedrängendes Gefühl, das sich still aber stetig ihrer bemächtigt hat: Einsamkeit. Immer mehr soziale Kontakte gehen verloren, je länger die Pandemie andauert und je strikter die Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung sind. Viele wünschen sich mittlerweile die Wiederaufnahme ihrer sozialen Beziehungen. Besuche bei den Nachbarn, Gespräche beim Friseur oder bei der Kosmetikerin oder aber einen kleinen Bummel durch die Einkaufsstraße, um einfach nur andere Menschen zu sehen. Doch vieles davon ist zurzeit nicht oder nur mit großen Einschränkungen möglich.

Um nicht missverstanden zu werden: es geht hier nicht um das Alleinsein, das ja nicht zwingend bedeutet, dass wir uns einsam fühlen oder dass es uns bedrückt. Etliche Menschen wählen ganz im Gegenteil bewusst das Alleinsein, um der Hektik des Daseins zu entfliehen und um sich Ruhe zu gönnen. Einsamkeit ist etwas anderes. Es ist ein Zustand, in dem man sich mehr soziale Kontakte wünscht als man tatsächlich hat. Dieser Zustand ist oftmals mit Traurigkeit und Kontrollverlust verbunden.

Wenn also in diesen Wochen und Monaten immer mehr Menschen einsam sind, dann lautet die große Frage: Was kann man gegen Einsamkeit unternehmen? Wie können wir in Zeiten, in denen vor persönlichem Kontakt eindringlich gewarnt wird, trotzdem Kontakt halten? Und anschließend gleich eine Frage an die gesamte pandemiegeschädigte Gesellschaft: Können wir Abstand halten und trotzdem zusammenhalten? Sind wir in der Lage, den Tagen trotz Corona einen Sinn zu geben?

Leicht ist das für viele Menschen sicherlich nicht, vor allem nicht im dunklen und kalten Winter. Aber bei allen Entbehrungen, die wir derzeit erleben müssen, gibt es nicht trotzdem Dinge, die uns erfreuen, uns ablenken und vor allem uns Hoffnung machen können? Schon werden die Tage heller, das Licht begleitet uns wieder länger, und mit dem Licht und der Wärme könnte auch die Zuversicht wachsen, dass immer mehr Menschen geimpft und immer weniger infiziert werden.

Doch was machen wir bis dahin mit unserer gefühlten oder tatsächlichen Isolation? Besonders ältere Menschen vermissen in Zeiten der Pandemie den Kontakt zu anderen und fühlen sich allein gelassen. Das ergab eine Telefonumfrage von Wissenschaftlern der Mainzer Gutenberg-Universität, an der 5.000 Männer und Frauen im Alter von mehr als 75 Jahren teilgenommen haben.

Kontakt halten oder neue Kontakte knüpfen lässt sich im Zeitalter der Digitalisierung natürlich vortrefflich mit E-Mails oder mit Messenger-Diensten wie Skype und WhatsApp. Über die beiden letztgenannten Dienste können wir nicht nur Textnachrichten austauschen, sondern auch Sprachnachrichten, Fotos und sogar ganze Videos. Wir können live miteinander sprechen und uns dabei via Bildschirm tief in die Augen schauen.

Doch Hand aufs Herz – wer von den über 80-Jährigen hat einen Computer zuhause stehen oder nutzt ein Smartphone? Wohl nur die wenigsten. Andererseits gibt es doch die klassischen und vertrauten Kommunikationsvarianten wie Telefon oder den guten alten handgeschriebenen Brief. Warum also nicht mal öfter zum Telefonhörer greifen und Menschen anrufen, von denen man schon längere Zeit nichts mehr gehört hat und zu denen der Kontakt womöglich abzubrechen droht. Gleiches gilt für den Brief, der in letzter Zeit aus dem Dornröschenschlaf zu erwachen scheint. Nach Aussage der Deutschen Post steigt der Anteil der Privatbriefe nach mageren Jahren wieder leicht an.

„Wer jetzt allein ist, muss es nicht lange bleiben, denn man kann wachen, lesen, lange Briefe schreiben“, könnte man in leichter Abänderung Rainer Maria Rilkes melancholisches „Herbstgedicht“ zitieren.

In Berlin wurde auf vielfältige und manchmal höchst kreative Weise auf die Corona-Pandemie reagiert. So gibt es unter anderem seit letztem Jahr eine „Koordinierungsstelle für freiwilliges Engagement in Corona-Zeiten“. Diese  Einrichtung bringt Menschen, die sich freiwillig in der direkten Nachbarschaft engagieren möchten, mit denen zusammen, die sich Unterstützung wünschen. Besuchsdienste, Einkaufen oder einfach nur ein paar Minuten zusammen telefonieren stehen auf der Angebotsliste. Auch am Gemeinwohl orientierte Organisationen können sich an die Koordinierungsstellen wenden, wenn sie neue Freiwillige gewinnen möchten. Jeder Bezirk Berlins hat eine eigene telefonische Hotline für die Vermittlung von Freiwilligen und eine eigene Website. Unter der Rufnummer 030 – 577 00 22 00 ist die berlinweite Hotline erreichbar, die dann in die jeweiligen Bezirke weitervermittelt.

Solange noch strenge Kontaktverbote gelten, wird es wohl keine persönlichen Besuche geben. Mit den zu erwartenden Lockerungen der Beschränkungen seitens des Landes Berlins und des Bundes werden dann wieder Besuche stattfinden können. Alle Freiwilligen sind umfassend geschult in den Hygienevorschriften, halten mindestens 1,5 Meter Abstand und tragen einen Mund-Nase-Schutz, um sich und andere gut zu schützen. Sie müssen symptomfrei sein, nicht in Quarantäne und dürfen keinen Kontakt zu Menschen in Quarantäne haben.

VH

 

Foto: Commons

Aufmunternde Worte und liebevolle Gesten sind das Gebot der Stunde