Gestern und Heute

Dr. Luis Davis erzählt

 

An einem frühen Dezembertag sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt an einer Parkbank zum Gespräch zu treffen, darf durchaus als ungewöhnlich bezeichnet werden. Aber es gab keine Alternative: „Corona“, sagt Dr. Luis Davis* und zieht die Schultern nach oben. „Zu mir darf zurzeit kein Besuch kommen. Die Ansteckungsgefahr ist zu groß. Ich habe zu viele Vorerkrankungen.“

Der Mann weiß, wovon er spricht, schließlich ist er Doktor der Medizin. Dass er einmal Arzt werden würde, war ihm bei seiner Geburt gewiss nicht in die Wiege gelegt worden. Damals, an einem Oktobertag des Jahres 1948 im zentralafrikanischen Staat Äquatorialguinea, war das ohnehin kein Thema. Da freuten sich seine Eltern, die wie alle Landesbewohner eine eigene kleine Kakao- und Kaffeeplantage bewirtschafteten, über den gesunden Nachwuchs. Der sollte sich dann prächtig entwickeln und nach eigenen Worten „eine großartige Kindheit“ an der Seite seiner drei Brüder haben. Die Schulzeit verbrachte er bis zum Abitur in den beiden großen Zentren des Landes, in der Küstenstadt Bata und in der Hauptstadt Malabo auf der Insel Bioko.

Zentralguinea ist das einzige spanischsprachige Land Afrikas, weshalb Dr. Davis neben der Bantusprache Fang auch spanisch sowie französisch spricht. Letzteres lernte er  in der Schule. Von der deutschen Sprache verstand er so gut wie kein Wort, als er 1982 als ausgebildeter Mediziner in Berlin ankam. Ein viermonatiger Intensivkurs brachte den sprachbegabten jungen Mann aber so weit, dass er schon wenig später seine erste Stelle als Gynäkologe im Auguste-Viktoria-Krankenhaus antrat. Dort blieb er vertragsgemäß ein Jahr, ehe er ins Institut für Transfusionsmedizin Berlin wechselte. Gemeinsam mit dem Blutspendedienst vom Deutschen Roten Kreuz war er als Institutsarzt viele Jahre lang bei Blutspendenaktionen unterwegs.

In den 1980er Jahren besuchte Dr. Davis regelmäßig auch Ostberlin. An den belebten Alexanderplatz der Vorwendezeit und an die Bockwurststände kann er sich noch gut erinnern. Genauso wie an den bekannten DDR-Entertainer Wolfgang Lippert, der eines Tages am „Alex“ Blut bei Dr. Davis spendete.

Im Jahr 2014 ging der Mediziner in den wohlverdienten Ruhestand. Schon während seiner letzten Berufsjahre hatte er Schmerzen im Wirbelsäulenbereich. Mehreren Operationen musste er sich seitdem unterziehen, mittlerweile ist er auch Patient der Pflegestation Jahnke, die unter anderem die Medikamentengabe für ihn vornimmt. „Ich fühle mich dort sehr gut aufgehoben“, äußert er sich anerkennend, „und würde die Pflegestation ohne zu zögern auch weiterempfehlen.“

Äquatorialguinea hat Dr. Luis Davis letztmalig im Jahr 2014 besucht, um seinem kranken älteren Bruder zu helfen. „Es war sehr emotional, vieles hat sich geändert. Die Hitze kam mir fast unerträglich vor, aber ich bin froh, dass ich meine Heimat und meinen Bruder noch einmal gesehen habe.“

VH

*Name von der Redaktion geändert

Dr. Luis Davis beim Treffen an der Parkbank in Moabit