Gestern und Heute

Renate Rudolf erzählt

 

Die Jahnke-Patientin Renate Rudolf* ist eine echte Berlinerin. Geboren wurde sie 1942 im einstigen Kaiserin-Augusta-Hospital in der Scharnhorststraße in Berlin-Mitte. Doch der Wedding ist ihre eigentliche Heimat. Den größten Teil ihrer Kindheit und ihre gesamte Jugendzeit verbrachte sie dort, und seit rund 20 Jahren und nach weiteren Stationen wohnt sie wieder im von ihr so geschätzten Ortsteil. Ihre Familie war am Nordufer in die Wohnung einer Genossenschaft eingezogen, für die ihr Vater, ein gelernter Tischler, als Blockwart arbeitete. Ihre Mutter arbeitete gelegentlich in einer Papierfabrik, um noch ein wenig Geld für die Familie hinzuzuverdienen.

Als die Kriegsgeschehnisse immer näher an Berlin heranrückten, entschied Renate Rudolfs Vater, dass Mutter und Kind zu Verwandten nach Storkow ziehen sollten. Als die Rote Armee im Frühjahr 1945 das Städtchen im südöstlichen Brandenburg erreichte, hatte die Bevölkerung große Angst vor Plünderungen und Schändungen der Frauen. „Wir hatten großes Glück“, bezeugt die damals Dreijährige. „Ein russischer Offizier hatte Mitleid mit uns und sorgte dafür, dass die Verwandten und wir in Ruhe gelassen wurden.“ Nach dem Krieg machte sich die Mutter wieder auf den Weg nach Berlin um zu schauen, ob das Wohnhaus am Nordufer noch existierte. Es stand unversehrt, und so konnten Mutter, Tochter und der in der Tschechoslowakei verwundete und deshalb in Heimaturlaub geschickte Vater dort wieder einziehen.

Nach der Schule absolvierte Renate Rudolf eine dreijährige Schneiderlehre. Als Modellschneiderin begann sie Anfang der 60er Jahre am Kurfürstendamm bei der Firma Fredeking, die Braut- und Abendkleider herstellte. Von der Firma erhielt sie auch ihr eigenes Brautkleid, als sie 1964 ihren ersten Mann heiratete, den Vater ihrer 1965 geborenen Tochter Jacqueline. Die junge Familie zog anschließend ins bayerische Inzell, wo die Schwiegermutter einen gastronomischen Betrieb leitete. „Es war eine herrliche Zeit mit vielen Naturerlebnissen, Ski- und Eislaufen“, erinnert sich Renate Rudolf gerne.

Anfang der 70er Jahre kehrte die Familie nach Berlin zurück. Am Hohenzollerndamm in Wilmersdorf übernahm das Ehepaar eine Gaststätte. Elf Jahre lang ging das gut, dann ließ der Mann seine Frau und das Lokal im Stich. „Zum Glück habe ich den Betrieb noch ein weiteres Jahr alleine aufrechterhalten, denn eines Tages lernte ich dort meinen späteren zweiten Mann Klaus kennen, einen Seemann, der sich schon bald für mich und gegen die See entschied“, lacht sie.

Nach dem Tod ihres zweiten Mannes zog Renate Rudolf wieder in den Wedding zurück. Seit ihrer Hüftoperation 2016 wird sie von der Pflegestation Jahnke betreut. Den stationseigenen Patententreffpunkt empfindet sie als familiär. „Es sind alles so liebe Menschen – und unsere Silke Redlich gibt mir in schweren Zeiten immer wieder richtig Schwung“, sagt sie dankbar.  

VH                      

 *Name von der Redaktion geändert

 

Renate Rudolf im Jahnke-Patiententreffpunkt